Wegen Spionageverdachts für China hat die deutsche Bundesanwaltschaft drei Deutsche festnehmen lassen.
Die beiden Männer und eine Frau sollen in Deutschland Informationen über Militärtechnik beschafft haben, um sie an den chinesischen Geheimdienst weiterzugeben, wie die deutsche Bundesanwaltschaft in Karlsruhe am Montag mitteilte. China wies den Vorwurf zurück.
Zum Zeitpunkt der Festnahmen hätten sich die Beschuldigten in Verhandlungen über Forschungsprojekte befunden, die insbesondere zum Ausbau der maritimen Kampfkraft Chinas nützlich sein könnten. Die beiden Männer kamen noch am Montag in Untersuchungshaft. Wie eine Sprecherin der Bundesanwaltschaft am Abend mitteilte, setzte der Ermittlungsrichter die Haftbefehle in Vollzug. Die festgenommene Frau sollte am Dienstag dem Ermittlungsrichter am deutschen Bundesgerichtshof vorgeführt werden.
"Wir sind als Verfassungsschutz diesen Beteiligten schon sehr frühzeitig auf die Spur gekommen, haben deren Verhalten und Aktivitäten weiter überwacht", sagte der Präsident des Bundesamts für Verfassungsschutz (BfV), Thomas Haldenwang, am Montag bei einer Tagung seiner Behörde in Berlin. Laut Generalbundesanwalt sind die Festgenommenen, "dringend verdächtig, seit einem nicht genau bestimmbaren Zeitpunkt vor Juni 2022" spioniert zu haben.
Drei Festnahmen
Beamte des Bundeskriminalamts hatten die drei Verdächtigen in Düsseldorf und Bad Homburg festgenommen. Wohn- und Arbeitsplätze der drei seien durchsucht worden, berichtete die Bundesanwaltschaft. Die deutschen Staatsangehörigen sollten am Montag und Dienstag in Karlsruhe dem Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofs vorgeführt werden, der über den Vollzug der Untersuchungshaft entscheiden sollte.
Einer der festgenommenen Männer soll den Angaben zufolge für einen sich in China aufhaltenden Mitarbeiter des Geheimdiensts MSS die Informationen beschafft haben. Dazu habe er sich des festgenommenen Ehepaars bedient, das in Düsseldorf eine Firma betrieben habe, hieß es weiter. Die Firma habe als "Medium zur Kontaktaufnahme und Zusammenarbeit mit Personen aus der deutschen Wissenschaft und Forschung gedient". Mit einer deutschen Universität soll zum Wissenschaftstransfer eine Zusammenarbeit vereinbart worden sein.
Erstellt worden sei eine Studie für einen chinesischen Vertragspartner zum Stand der Technik von Maschinenteilen, die für leistungsstarke Schiffsmotoren eingesetzt werden können - wie sie auch Kampfschiffe haben. Hinter dem chinesischen Vertragspartner habe der Geheimdienstmitarbeiter gestanden, von dem einer der Verdächtigen seine Aufträge erhalten haben soll. Finanziert wurde das Projekt den Angaben zufolge durch staatliche chinesische Stellen.
China weist Vorwürfe zurück
Peking hat die Spionage-Vorwürfe aus Deutschland zurückgewiesen. "Wir fordern die deutsche Seite auf, die Spionagevorwürfe nicht weiter auszunutzen, um das Bild Chinas politisch zu manipulieren und China zu diffamieren", erklärte die chinesische Botschaft in Berlin am Dienstag gegenüber der staatlichen Nachrichtenagentur Xinhua.
Die Bundesregierung wertete die Festnahmen als Erfolg. "Der im aktuellen Fall betroffene Bereich militärisch nutzbarer innovativer Technologien aus Deutschland ist besonders sensibel", erklärte die deutsche Innenministerin Nancy Faeser. "Umso wichtiger ist es, hier der Spionage so konsequent zu begegnen, wie es uns in diesem Fall gelungen ist." Ein Sprecher des Auswärtigen Amts kündigte Austausch mit der chinesischen Seite zu dem Fall an. Für konkrete Ankündigungen sei es aber zu früh, sagte er auf die Frage nach einer Einbestellung des chinesischen Botschafters.
China verfolge bei seiner Spionage langfristige Ziele, sagte Verfassungsschutzchef Haldenwang. "Man hat Zeit. Bis 2049 will man aber die politische, militärische, wirtschaftliche Macht Nummer eins auf dem Globus sein." Dieses Ziel verfolge China kontinuierlich, in erster Linie mit legalen aber auch mit illegalen Mitteln. Beispielhaft sei hier auch der Einsatz chinesischer Gastwissenschaftler in Deutschland, an deutschen Universitäten gebe es etwa 40.000 chinesische Studenten. Alle diese Menschen seien gesetzlich zur Lieferung von Informationen an den chinesischen Staat verpflichtet.
Kooperation mit China
Auch Wirtschaftsspionage ist laut Haldenwang ein wichtiges Thema. "Bei jedem Joint Venture, bei jedem Direct Investment Chinas, kommen auch chinesische Manager, chinesisches Personal nach Deutschland. Auch da besteht eine Verpflichtung, mit dem chinesischen Staat zu kooperieren." Geschäftsgeheimnisse von Firmen, an denen China einen Anteil halte, könnten auch dorthin gelangen. Hinzu kämen zunehmend ausgefeilte Cyberangriffe. Zum chinesischen Vorgehen sagte Haldenwang ganz grundsätzlich: "China macht es eher hintergründig, will nicht auffallen. Wenn sie erwischt werden, wird es geleugnet." Er fügte hinzu: "Da ist man schon so ein bisschen smooth."
Maik Pawlowsky von der Spionageabwehr des Bundesamts erklärte, die kommunistische Partei Chinas übe auch hierzulande Druck aus. "Um Einfluss auf oppositionelle Aktivitäten zu nehmen, werden relevante Personen eingeschüchtert, zur Aufgabe ihrer Tätigkeiten oder auch zur Kooperation gedrängt." Repressalien gegen Angehörige in China oder das Drohen damit gehörten zum nachrichtendienstlichen Repertoire. Auch Denunziation komme zum Einsatz: So würden Dissidenten im Ausland gezielt als Zuträger chinesischer Geheimdienste in Misskredit gebracht.
Erhebliche Gefahr laut Faeser
Nach Angaben von Innenministerin Faeser hat man die erhebliche Gefahr durch chinesische Spionage in Wirtschaft, Industrie und Wissenschaft im Blick. "Wir schauen sehr genau auf diese Risiken und Bedrohungen und haben davor deutlich gewarnt und sensibilisiert, damit überall Schutzvorkehrungen erhöht werden", sagte Faeser. Deutschlands Justizminister Marco Buschmann erklärte: "Wer in Deutschland für ausländische Geheimdienste tätig wird und rechtswidrig potenzielles militärisch nutzbares Material exportiert, muss mit einer harten Antwort unseres Rechtsstaats rechnen. Die hier im Raum stehenden Straftaten zeigen einmal mehr, dass wir wachsam sein müssen."
Der Vorsitzende des Geheimdienst-Kontrollgremiums des Bundestags, Konstantin von Notz, warnte vor mangelndem Problembewusstsein. "Bestehende, viel zu große Abhängigkeiten von Technologieanbietern aus autoritären Staaten müssen zwingend und schnellstmöglich reduziert werden", sagte Notz.