Brüssel/Straßburg
Wegen Corona-Impfstoffdeals: Eilantrag gegen von der Leyen
21.06.2024Belgier will zweite Amtszeit für Kommissionspräsidentin juristisch verhindern - Richterin will vor EU-Gipfel am 27. Juni entscheiden
Ein Belgier will eine zweite Amtszeit für EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen noch juristisch verhindern. Ein Brüsseler Gericht beriet am Freitag über einen Eilantrag des Lobbyisten Frédéric Baldan, in dem er von der Leyen vorwirft, in der Corona-Pandemie "ohne jedes Mandat" der Mitgliedsländer einen geheimen Impfstoffdeal mit Pfizer-Chef Albert Bourla ausgehandelt zu haben.
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Baldan wirft der EU-Kommissionschefin zudem vor, "öffentliche Dokumente zerstört" zu haben, die die Absprachen belegen. Unter anderem ein Journalist hatte die Kommission erfolglos zur Herausgabe von Handy-Textnachrichten zwischen von der Leyen und Bourla aufgefordert. Die Brüsseler Behörde erklärte jedoch, sie habe die SMS nicht archiviert.
Die zuständige Richterin sagte am Ende der Gerichtsanhörung, es werde eine Entscheidung über den Antrag "vor dem 27." Juni geben. Das wäre vor Beginn des EU-Gipfels, auf dem die Staats- und Regierungschefs kommenden Donnerstag und Freitag über fünf weitere Jahre für von der Leyen an der Kommissionsspitze beraten.
Von der Leyen bekommt breite Rückendeckung beim Gipfel
Die Anwältin des Belgiers, Diane Protat, rief die konservative Europäische Volkspartei (EVP) auf, ihre Unterstützung für von der Leyen zurückzuziehen. Die EVP äußerte sich dazu auf Anfrage vorerst nicht. Die Parteiengruppe, der auch die österreichische Kanzlerpartei ÖVP angehört, war mit von der Leyen als Spitzenkandidatin stärkste Kraft bei den Europawahlen geworden. Diplomaten erwarten, dass die frühere deutsche Verteidigungsministerin kommende Woche breite Rückendeckung beim Gipfel erhält.
Auch die europäische Staatsanwaltschaft untersucht den Kauf der Corona-Impfstoffe wegen des "extrem hohen öffentlichen Interesses". In der Pandemie kaufte die EU-Kommission für die Mitgliedsländer Millionen Dosen Impfstoffe. Die Verträge mit den Herstellern und insbesondere die Kosten wurden jedoch nie öffentlich bekannt.