Skandal

Ekel und Bestürzung in Israel

24.01.2007

Katzav sieht sich mit einer Serie übelster Vorwürfe konfrontiert, wie sie in der Geschichte Israels noch keinem Staatsoberhaupt nachgesagt wurden.

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"Ich habe beschlossen, die Empfehlung zur Anfertigung einer Anklageschrift gegen Staatspräsident Mosche Katzav auszusprechen." Dieser umständlichen Formulierung "aus Respekt vor dem hohen Amt", des Staatsanwalts Menachem Mazuz folgte eine Serie übelster Vorwürfe, wie sie in der Geschichte Israels noch keinem Staatsoberhaupt nachgesagt wurden. Katzav sei ein Serienvergewaltiger von Mitarbeiterinnen in früheren Ämtern gewesen. Er habe sich auch wiederholt in "unerlaubten sexuellen Belästigungen an Untergebenen" geübt und an den Schätzen des Präsidentenpalais bedient. Katzav habe 40 Silberkelche im Wert von jeweils 100 Euro bei "privaten Feiern" verteilt, anstatt Hochzeitsgeschenke für seine Freunde und Verwandte aus eigener Tasche zu zahlen.

Aufruhr in ganz Israel
Gerüchte und Sensationsgeschichten über die Seitensprünge des Mannes im höchsten Amt des Staates kursieren in Israel schon seit eineinhalb Jahren. Dennoch schlug die "Empfehlung" des Generalstaatsanwalts wie eine Bombe ein. "Das ist doch alles Unsinn. Meine Unschuld wird sich noch erweisen", reagierte Katzav in einem Rundfunkinterview, während die Riege seiner angesehenen Anwälte an das Unschuldsprinzip appellierten, solange einem Angeklagten keine Schuld nachgewiesen wurde. Schlagartig wurden in Israel Ekel, Bestürzung und Empörung laut.

"Der sollte nicht morgen zurücktreten, das hätte er schon vorgestern tun müssen", rief ein Anwalt. "Das Präsidentenamt ist in den Dreck gezogen worden und sollte vielleicht ganz abgeschafft werden", meinte eine Abgeordnete. Die bildhübsche Anwältin eines mutmaßlichen Opfers des Präsidenten bedauert: "Kein Mensch redet über die vergewaltigten Frauen, die jede Nacht von dem Albtraum verfolgt werden."

Die Medien schalteten auf Sondersendungen um, als wäre die Welt untergegangen. Kaum jemand war bereit, ein gutes Wörtchen für den in Verruf geratenen Staatspräsidenten einzulegen. David Magen, ein "Familienfreund", ist überzeugt: "Ich kenne ihn lange genug. Er würde so etwas nicht tun." Auch Gila Katzav glaubt immer noch fest an die weiße Weste ihres Ehemannes und beschuldigt die Presse, schmutzige Wäsche auszubreiten, ohne echte Beweise zu haben. Für den Mittwochabend um 18.30 Uhr hat der Präsident eine Pressekonferenz anberaumt. Ihr wurden höchste Einschaltquoten vorhergesagt. Wird er zurücktreten? Oder wird er sich nur "zeitweilig unpässlich" erklären?

Schutz der Immunität
Noch ist die ausformulierte Anklageschrift nicht offiziell überreicht. Solange Katzav im Amt ist, schützt ihn die Immunität vor einem Kriminalprozess. Dem Präsidenten steht eine Anhörung zu. Und selbst danach stünde es ihm frei, an den "Hörnern des Altars" bis zum Ende seiner Amtszeit im Juli festzuhalten, wie in der Bibel die Verweigerung eines Rücktritts bezeichnet wird. Eine Alternative steht dem Parlament frei. Da müssen erst 25 Abgeordnete ein Verfahren zur Amtsenthebung beantragen. Sobald zwei Drittel eines Ausschusses dem stattgegeben hätte, müssten 90 von 120 Knesset-Abgeordneten dafür stimmen, Katzav abzusetzen. Doch diese Mehrheit gibt es - noch - nicht. Viele gewählte Volksvertreter haben ihre eigenen Vorstellungen, weshalb sie diese "heiße Kartoffel" nicht anrühren wollen. Einige denken an sich selbst. Denn jedem fünften Abgeordneten ist derzeit eine polizeiliche Untersuchung wegen Korruption und anderer Vergehen anhängig.

Angenommen, Katzav wird angeklagt und erhält für seine mutmaßlichen Verbrechen eine Höchststrafe von 16 Jahren Gefängnis, so wären längst nicht alle gesetzlichen Probleme gelöst. Denn einem Staatspräsidenten stehen auf Lebenszeit eine üppige Pension, eine Staatskarosse, ein Fahrer, ein Büro und eine Sekretärin zu. Der Gesetzgeber hat sich bei der Formulierung des "Grundgesetzes über den Staatspräsidenten" nicht vorstellen können, dass der höchste Repräsentant ein Serienverbrecher und Dieb sein könnte.

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