Berlusconi hätte gewusst, "dass ich eine Escort-Lady war."
Der TV-Auftritt des Callgirls Patrizia D'Addario als Gast der am Donnerstagabend gesendeten Talkshow "Annozero" hat in Italien erwartungsgemäß für Aufregung gesorgt. D'Addario - sie behauptet, eine bezahlte Nacht mit dem italienischen Regierungschef Silvio Berlusconi in seiner römischen Residenz verbracht zu haben - schaltete sich live aus ihrer Heimatstadt Bari in die RAI-Talkshow ein. "Berlusconi wusste genau, dass ich ein Callgirl war", versicherte die 42-jährige Süditalienerin. Sie dementierte somit Berlusconi, der zuletzt auf einer Pressekonferenz mit seinem spanischen Amtskollegen Jose Luis Zapatero behauptet hatte, niemals eine Frau für Sex bezahlt zu haben.
Hilfe für Bauprojekt
D'Adddario berichtete, dass an jenem
Abend, den sie in Berlusconis römischer Residenz Palazzo Grazioli verbracht
hatte, über 20
junge Frauen anwesend gewesen seien. Sie habe zwei Mal Berlusconi in
seiner Residenz getroffen. Sie erhoffte sich von ihm Hilfe für ein
Bauprojekt ihrer Familie, das aus bürokratischen Gründen stillstand.
"Berlusconi hatte mir Hilfe versprochen, doch niemand hat sich um mein
Projekt gekümmert. Ich bin betrogen worden", sagte die Süditalienerin.
Erpressung
Sie bestritt, Berlusconi erpressen zu wollen. Sie habe
den Justizbehörden über ihre Treffen
mit Berlusconi berichtet, weil die Staatsanwaltschaft von Bari
Ermittlungen über den mit ihr befreundeten Unternehmer Gianpaolo Tarantini
in die Wege geleitet hatte, der sie zu Berlusconi geführt hatte. Sie wollte
Berlusconi nicht schaden. "Berlusconi war zu mir immer sehr nett und
charmant", sagte D'Addario.
Unter Druck
Bis zuletzt war D'Addarios Auftritt in der TV-Show
unsicher. Rechtsanwälte der RAI hatten dem streitbaren Moderator Michele
Santoro geraten, auf den Auftritt des Callgirls zu verzichten. Vertreter der
Mitte-Rechts-Allianz von Berlusconi hatten zudem heftig gegen den geplanten
Auftritt protestiert. Der Starjournalist blieb jedoch hart, und D'Addario
wurde ausführlich interviewt.
Empörung
Vertrauensmänner Berlusconis berichteten, der
Premierminister sei über D'Addarios TV-Auftritt empört. "Berlusconi ist
entrüstet. Er ist der Ansicht, dass Programme der öffentlich-rechtlichen
TV-Anstalt, die von allen Bürgern bezahlt wird, nicht zum Sprachrohr für
Personen wie D'Addario werden sollten", betonte Maurizio Belpietro,
Chefredakteur der rechten Tageszeitung "Libero".