Streit um Öl & Gas
Eklat bei Klimakonferenz - jetzt Verlängerung in Dubai
12.12.2023Die Weltklimakonferenz in Dubai hätte am Dienstag um 11 Uhr enden sollen. Jetzt ist sie in die Verlängerung gegangen. Noch kein Deal zum Ausstieg aus Kohle, Öl und Gas in Sicht.
Die Weltklimakonferenz in Dubai ist am Dienstag in die Verlängerung gegangen. Eigentlich wollte Konferenzpräsident und Öl-Scheich Sultan Al Jaber aus den Vereinigten Arabischen Emiraten das Treffen der knapp 200 Staaten um 11.00 Uhr vormittags Ortszeit (08.00 Uhr MEZ) abschließen.
Doch das Ringen um einen Abschlusstext ging weiter. Am Montagabend hatte Al Jaber einen Entwurf vorgelegt, den die EU und einige Staaten als enttäuschend und unzureichend eingestuft hatten.
Zugeständnisse an den Irak und Saudi-Arabien
"Der vorgelegte Entwurf wird dem Ernst der Lage nicht gerecht. Fossile Brennstoffe als Ursache der Klimakrise werden erstmals explizit erwähnt - aber die unzähligen Abschwächungen rundherum wiegen das leider deutlich auf", sagte die österreichische Umweltministerin Leonore Gewessler (Grüne). Verbesserungen würden nun eingefordert, so die Ressortchefin. "Ausreden haben wir schon genug gehört". Von Zugeständnissen an den Irak und Saudi-Arabien sprachen zahlreiche Kritiker.
Ausstieg aus Kohle, Öl und Gas aus Textentwurf gestrichen
Aufreger ist, dass in dem Textentwurf der von mehr als 100 Staaten eingeforderte Ausstieg aus Kohle, Öl und Gas nicht mehr erwähnt wird - anders als in vorherigen Versionen. Gegen einen Beschluss zum Ausstieg aus den fossilen Energien hatten zuletzt etliche Länder Bedenken geäußert, darunter das ölreiche Saudi-Arabien, aber auch China, der Irak, Indien und Russland. Das UNO-Treffen mit rund 97.000 Teilnehmern hatte am 30. November begonnen.
"Herber Rückschlag"
Aus Sicht von Greenpeace Österreich ist der Entwurf ein "herber Rückschlag", da die Option für einen klaren fossilen Ausstieg nun komplett verschwunden sei, "lediglich ein schwaches Zugeständnis zur Reduktion von fossilen Energien rund um das Jahr 2050 ist übrig geblieben".
Das sei nur eine von vielen Optionen, die unter anderem auch Atomkraft oder Scheinlösungen wie Kohlenstoffspeicherung vorsehen. "Das ist nicht das bitter benötigte Signal, das wir im Kampf gegen die Klimakrise brauchen", kritisierte Jasmin Duregger, Klima- und Energieexpertin bei Greenpeace in Österreich.
Der WWF Österreich bezeichnete den Entwurf zur "Globalen Bestandsaufnahme" als enttäuschend, denn es brauche eine Einigung auf ein Auslaufen aller fossilen Energieträger - "also nicht nur von Kohle, sondern auch von Öl und Gas. Das, was jetzt am Tisch liegt, ist viel zu wenig ambitioniert und sendet nicht das klare politische Signal aus, das von dieser Klimakonferenz ausgehen muss", so WWF Klimasprecher Thomas Zehetner.
Experten zwischen "gewisser" und "absoluter Enttäuschung"
Dem Entwurf für die Abschlusserklärung der Weltklimakonferenz in Dubai (COP28) konnten Experten aus Österreich am Dienstag kaum Positives abgewinnen: Von einer "gewissen Enttäuschung" sprach IIASA-Forscher Reinhard Mechler. Für die ehemalige Leiterin des Sekretariats des UN-Weltklimarates (IPCC), Renate Christ, droht eine "absolute Enttäuschung". Zu erwarten sei eher eine noch veränderte Abschlusserklärung, es könne aber auch sein, dass etwa die EU die Verhandlung verlässt.
Der große Knack- und Diskussionspunkt in den vergangenen beiden Wochen war die Formulierung rund um einen fairen (auf Englisch "fair"), schnellen ("fast"), vollständigen ("full"), finanziell klaren ("funded") und endgültigen ("forever") Ausstieg aus fossilen Energieträgern. Mechler rechnet nun eher mit einem Herumformulieren um den eigentlich notwendigen kompletten Ausstiegspfad.
Aktuell wahrscheinlich ist "katastrophale Erwärmung von 2,8 Grad"
Klar sei, dass sich die Welt nicht auf dem Weg in Richtung der angestrebten Eindämmung der Klimaerhitzung befindet. Die aktuellen Zusagen würden - wenn rigoros umgesetzt - zu einer höchstwahrscheinlich katastrophalen Erwärmung von 2,8 Grad Celsius gegenüber den vorindustriellen Niveau führen, machte der Wissenschafter vom Internationalen Institut für angewandte Systemanalyse (IIASA) in Laxenburg (NÖ) deutlich, der mit einer COP-Verlängerung von ein bis zwei Tagen rechnet.
Hinsichtlich der Ausstiegsszenarien enthalte der nunmehrige Text teils die "allerschwächsten Formulierungen", wenn es etwa heißt, dass man eine Verdreifachung beim Erneuerbaren-Ausbau schaffen oder die Energieeffizienz steigern könnte. Bei den fossilen Energieträgern spreche die Erklärung lediglich von einem "Herunterfahren", nicht von einem Ende, monierte Christ.
Dazu gebe es wieder eine Art Aufwärmen von altbackenen und ausausgegorenen Ideen zum Einlagern von CO2 unter der Erde (CCS) oder zur gezielten Veränderung der Umwelt (Geoengineering), um etwa mittels Ozeandüngung die Treibhausgasaufnahme in den Meeren anzukurbeln. Das sei alles wissenschaftlich höchst umstritten. Größere CCS-Anlagen seien zudem seit Jahrzehnten nicht in Sicht.
"Völlig unzureichendes Dokument"
Insgesamt habe man es hier mit einem "völlig unzureichenden Dokument" und einem "Sammelsurium von Dingen" zu tun, "die man nicht unterschreiben kann", so Christ in Richtung der "ambitionierteren Länder". Diese hätten aber ebenso ein Glaubwürdigkeitsproblem, wenn man sich etwa ansehe, dass Brasilien, Kanada oder auch Österreich neue Gasbohrprojekte vorantreiben. Vor diesem Hintergrund laufe man erneut Gefahr, sich im Verschieben von echten Maßnahmen in Verkehr, Landwirtschaft und Co. zu üben.
Dabei habe die COP28 mit einer durchaus auch "inszenierten" Einigung auf einen Fonds zum finanziellen Ausgleich von Schäden durch den Klimawandel ("Loss and Damage") eigentlich ambitioniert begonnen, so die beiden Beobachter. Für Christ war dies eine "vertrauensbildende Maßnahme". Die bisherige Dotation des Fonds mit rund 700 Millionen Dollar sei aber lediglich "Peanuts".
Als "in keinster Weise ausreichend", bezeichnete dies auch Mechler, der den Topf trotzdem als Erfolg für die Zivilgesellschaft und den globalen Süden wertet. Sein Fazit: Die Bereitschaft zu echten Aktionen, zumindest in Sachen Klimawandel-Anpassung, habe sich erhöht - selbst wenn hier weiter klare Ziele und Erfolgskriterien fehlen. Für einen echten Ausgleich von Klimawandel-Schäden bräuchte es laut Schätzungen aber eher hunderte Milliarden Euro.