Der palästinensische Scheich Tamimi forderte Christen und Muslime zur Zusammenarbeit gegen Israel auf. Der Papst wird hingegen für seinen Auftritt in der Gedenkstätte Yad Vashem kritisiert.
Während des Besuchs von Papst Benedikt XVI. in Israel hat ein prominenter Palästinenser am Montag mit seinen Ausfällen gegen das Land für einen Eklat gesorgt. Nach einer Ansprache des Papstes bei einer interreligiösen Begegnung im Jerusalemer Notre-Dame-Zentrum ergriff Scheich Taysir al-Tamimi, der an der Spitze der islamischen Gerichte der Palästinensischen Autonomiebehörde steht, das Mikrofon und forderte Christen und Muslime zur Zusammenarbeit gegen Israel auf: "Wir kämpfen zusammen gegen die Untergerechtigkeit der israelischen Besatzung und ihrer unterdrückerischen Praktiken, und wir leiden zusammen unter ihr", sagte Tamimi.
Israelische Abriegelung ist "rassistische Mauer"
Die
israelischen Abriegelungen seien "eine rassistische Mauer", die
das Westjordanland in ein "gigantisches Gefängnis" verwandelt
hätten und Muslime und Christen daran hinderten, in ihren Gotteshäusern zu
beten, fügte Tamimi hinzu. Den Papst forderte Tamimi "im Name des
einen Gottes" auf, die israelischen "Verbrechen" an den
Palästinensern während der Offensive im Gazastreifen zu verurteilen. Zudem
solle das römisch-katholische Kirchenoberhaupt Israel Druck machen, damit
die "Aggression gegen das palästinensische Volk" aufhöre. Der
ebenfalls anwesende Lateinische Patriarch Fuad Twal versuchte wiederholt,
Tamimi zum Schweigen zu bringen.
Scharfe Kritik an Tamimis Äußerungen
Der Papst verließ
das Zentrum früher als geplant, ursprünglich hätte er noch Geschenke
entgegennehmen sollen. Vatikan-Sprecher Federico Lombardini kritisierte
Tamimis Äußerungen scharf: In einem Treffen, das dem Dialog dienen solle,
hätten Tamimis Worte das Gegenteil eines Dialogs dargestellt, erklärte er.
Nun bleibe zu hoffen, dass die interreligiöse Zusammenarbeit im Heiligen
Land durch diesen "Vorfall" keinen Schaden nehme. Am Dienstag
wollte der 82-jährige Papst die Klagemauer und den Tempelberg in Jerusalem
besuchen, zudem war eine öffentliche Messe geplant.
Kritik an Rede in Yad Vashem
Derweil kritisierte die Präsidentin
des Zentralrats der Juden in Deutschland, Charlotte Knobloch, den Auftritt
des Papstes am Montag in der Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem. Zwar habe
Benedikt XVI. mit seinem Aufruf zum Kampf gegen Antisemitismus ein "positives
Signal in Richtung Judentum" ausgesandt, sagte Knobloch der "Bild"-Zeitung
(Dienstagsausgabe). Dennoch erscheine die Geste "angesichts der noch
ausstehenden klaren Distanzierung des Vatikans von der antisemitischen
Pius-Bruderschaft" als halbherzig. Die Pius-Brüder bezeichneten
jüdische Menschen als "Gottesmörder", weshalb sie sich
in Yad Vashem "deutliche Worte" vom Papst erwartet habe.
Holocaust-Dachverband nimmt Papst in Schutz
Der Vorsitzende des
israelischen Holocaust-Dachverbands, Noach Flug, hat Papst Benedikt XVI. vor
Kritik in Schutz genommen. Flug sagte dem israelischen Online-Dienst "Ynet"
vom Dienstag, er verstehe die Vorwürfe gegen den deutschen Papst nicht. "Er
ist nicht Präsident einer zionistischen Organisation", sagte Flug,
der auch Präsident des Internationalen Auschwitz Komitees ist. Daher könne
man auch nicht erwarten, dass er wie ein Rabbiner spricht. "Er ist
hergekommen, um eine Annäherung zwischen der Kirche und dem Judentum zu
bewirken und daher ist sein Besuch als positiv und wichtig einzustufen."
Benedikt besuchte den Felsendom
Nach der heftigen Kritik setzte
der Papst seine Reise fort. Benedikt XVI. besuchte als erstes Oberhaupt der
katholischen Kirche das muslimische Heiligtum. Den muslimischen Gewohnheiten
folgend, zog sich Papst Benedikt XVI. die Schuhe aus, bevor er die Moschee
im Ostteil der Stadt betrat. Der Großmufti von Jerusalem, Mohammed Hussein,
forderte den Papst auf, sich für ein Ende der "Aggression"
Israels gegen die Palästinenser einzusetzen.
Gebet an der Klagemauer
Papst Benedikt XVI. hat am Dienstag in
Jerusalem die Klagemauer, die wichtigste religiöse Stätte der Juden, besucht
und dort lange schweigend gebetet. Es war ein emotionaler Höhepunkt der
Pilgerreise des deutschen Papstes in Israel, der mit ernstem Gesicht -
jüdischen Gepflogenheiten folgend - einen Zettel mit einem Gebet in eine
Lücke der Klagemauer steckte. Nach Angaben des Vatikans bittet Benedikt
darauf Gott um Frieden in der Welt: "Schicke Deinen Frieden in das Heilige
Land, in den ganzen Nahen Osten und die gesamte Menschheit."