Ex-Bundekanzler Gusenbauer analysiert die Nahost-Rede von US-Präsident Obama.
Es war die erwartete große Rede, die natürlich eine wirkliche Ouvertüre für ein neues Verhältnis der USA und der westlichen Welt gegenüber dem Islam darstellt. Ich finde, Obama hat den Beitrags des Islams zur gesamten Zivilisationsgeschichte in schönen Worten gewürdigt.
Glaubwürdig
Nachdem die Frage des Selbstbewusstseins und der
Ehre gerade der Menschen in dieser Region eine besondere Rolle spielt, wird
die Darstellung des historischen Beitrags des Islams zur
Zivilisationsgschichte besonders gewürdigt werden. Barack Obama war
dabei besonders glaubwürdig, weil er auf Fakten bezogen hat und auch seine
persönlichen Erfahrungen eingebracht hat. Er hat also nicht aufgesetzt
gewirkt, sondern authentisch und glaubwürdig.
Gegensatz zu Bush
Obama hat in dieser Rede ein paar
bemerkenswerte grundsätzliche Ansagen gemacht: Kein Land hat das Recht,
einem anderen Land sein politisches System aufzuoktroyieren, was in einem
Gegensatz steht zur bisherigen Politik des früheren Präsidenten Georg W.
Bush steht.
Kernsatz
Er hat darauf hingewiesen, dass Wahlen allein noch
keinen Demokratie ausmachen, sondern dass dazu mehr erforderlich ist und er
hat betont: Der Islam ist nicht Teil des Problems, sondern Teil des
Friedens. Das ist ein Kernsatz, den er aus den Glaubensinhalten des Islam
abgeleitet hat. Er hat im Grundsätzlichen von der Gefahr gesprochen, dass
auf der einen Seite Vexierbilder bei Moslems über die USA bestehen und
umgekehrt. Und er hat gemeint, dass man sich von den Stereotypen trennen
muss, weil sie weder der wahren Stimmung und den wahren Dimensionen
entsprechen, noch den Stimmungen die in den USA bestehen.
Gegen Extremismus
Obama hat sich dazu bekannt, dass der Islam ein
Teil der USA ist und er hat sehr herausgestrichen, wie er sich bemühen wird,
die religiösen und kulturellen Freiheiten der Moslems in den USA zu
unterstützen. Das fand ich sehr bemerkenswert. Er hat klar die Ansage
gemacht, dass man nicht das Trennende, sondern das Gemeinsame
herausstreichen soll. Der US-Präsident hat keine Klarheit vermissen lassen,
dass die USA weiterhin gegen jede Form von Extremismus kämpfen werden und er
hat darauf hingewiesen, dass Moslems sehr oft Opfer dieses Extremismus
waren.
Israel
Beim Verhältnis Israel zu den Palästinensern hat sich
Obama zur Zweistaatenlösung bekannt und er hat betont, dass bei aller
Anerkennung des Holocaust und der Geschichte des jüdischen Volkes, das Recht
der Juden auf einen eigenen Staat besteht. Aber das berechtigt nicht, einem
anderen Volk, den Palästinensern, Unrecht angedeihen zu lassen. Damit war er
zur Botschaft Israels sehr klar.
Atomkraft
Weiteres Thema war die Atomkraft: Eine Atombombe im
Iran würde zu seinem Wettrüsten führen. Obama hat erneut festgehalten, dass
er eine Welt ohne Atomwaffen als Ziel sieht. Letztendlich hat er sich auch
auf die wechselvolle Gesichte des Verhältnisses USA und Iran bezogen und hat
auch dem Iran seine Hand ausgestreckt
Es war eine unfassende Handreichung, gegenüber diesem Teil der Welt.
Obamas Weltbild
Die Frage ist nun, warum macht er das? Einerseits
glaube ich, dass diese Rede völlig authentisch sein Weltbild wiedergibt:
Obama ist offensichtlich jemand, der nicht glaubt, dass man mit Kriegen
Probleme lösen kann. Er glaubt an Diplomatie, politische Lösungen und
Entwicklung und Fortschritt durch Bildung und wirtschaftliche Aufschwung.
Das ist sein Weltbild.
Partner
Er geht davon aus, dass die USA und der Westen alleine
nicht im Stande sein werden, die Probleme im gesamten Großraum der Region
lösen zu können. Doch Obama hat vehementes Interesse, dass es zur
Stabilisierung dieser Region kommt. Das Interesse hat er vor allem, weil
alle militärischen Operationen enormes Geld verschlingen, das die USA heute
auch auf andere Aufgaben brauchen würden.
Kooperation
Ihm ist klar geworden, dass er nur mit einem Bündnis
mit der arabischen Welt diese Fragen lösen kann. Es ist ihm klar, wenn
die USA sich aus dem Irak zurückziehen, dass dort kein Vakuum entstehen
darf, da das von anderen gefüllt würde. Eine wichtige Voraussetzung für den
Truppenabzug aus dem Irak ist also eine stärkere Kooperation in der Region.
Und darum ist ein Ende des Konfliktes zwischen Israel und den Palästinensern
wichtig.
Stabilität
In dieser Frage hatte er sich zuletzt auch klar
bei Netanjahu geäußert, da ihm klar ist, dass die Lösung dieses Problems der
Schlüssel ist, dass er mit der islamischen Welt ein neues und kooperatives
Verhältnis möglich sein wird. Und regionale Stabilität ist wichtig, damit
sich der iranische Einfluss in der Region nicht ausdehnt.
Klassische Rede
Letztlich war es also eine fast klassische Rede
eines US-Präsidenten, die Obama in Kairo gehalten hat. Die großen
Präsidenten haben es immer verstanden, die Interessen der USA mit den
eigenen, liberalen, Idealen, die sie verfolgen, zu verbinden. Barack Obama
hat das Interesse an der Kooperation, weil er sie braucht, damit es in
diesem Teil der Welt zu einer Befriedung der Situation kommen hat. Und er
hat das in einen globalen Wertezusammenhang liberalen Zuschnitts gestellt.
Es war eine historische Rede.