Gusenbauer zu Obama

"Es war eine historische Rede"

04.06.2009

Ex-Bundekanzler Gusenbauer analysiert die Nahost-Rede von US-Präsident Obama.

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© Reuters/APA/Herbert Pfarrhofer
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Es war die erwartete große Rede, die natürlich eine wirkliche Ouvertüre für ein neues Verhältnis der USA und der westlichen Welt gegenüber dem Islam darstellt. Ich finde, Obama hat den Beitrags des Islams zur gesamten Zivilisationsgeschichte in schönen Worten gewürdigt.

Glaubwürdig
Nachdem die Frage des Selbstbewusstseins und der Ehre gerade der Menschen in dieser Region eine besondere Rolle spielt, wird die Darstellung des historischen Beitrags des Islams zur Zivilisationsgschichte besonders gewürdigt werden. Barack Obama war dabei besonders glaubwürdig, weil er auf Fakten bezogen hat und auch seine persönlichen Erfahrungen eingebracht hat. Er hat also nicht aufgesetzt gewirkt, sondern authentisch und glaubwürdig.

Gegensatz zu Bush
Obama hat in dieser Rede ein paar bemerkenswerte grundsätzliche Ansagen gemacht: Kein Land hat das Recht, einem anderen Land sein politisches System aufzuoktroyieren, was in einem Gegensatz steht zur bisherigen Politik des früheren Präsidenten Georg W. Bush steht.

Kernsatz
Er hat darauf hingewiesen, dass Wahlen allein noch keinen Demokratie ausmachen, sondern dass dazu mehr erforderlich ist und er hat betont: Der Islam ist nicht Teil des Problems, sondern Teil des Friedens. Das ist ein Kernsatz, den er aus den Glaubensinhalten des Islam abgeleitet hat. Er hat im Grundsätzlichen von der Gefahr gesprochen, dass auf der einen Seite Vexierbilder bei Moslems über die USA bestehen und umgekehrt. Und er hat gemeint, dass man sich von den Stereotypen trennen muss, weil sie weder der wahren Stimmung und den wahren Dimensionen entsprechen, noch den Stimmungen die in den USA bestehen.

Gegen Extremismus
Obama hat sich dazu bekannt, dass der Islam ein Teil der USA ist und er hat sehr herausgestrichen, wie er sich bemühen wird, die religiösen und kulturellen Freiheiten der Moslems in den USA zu unterstützen. Das fand ich sehr bemerkenswert. Er hat klar die Ansage gemacht, dass man nicht das Trennende, sondern das Gemeinsame herausstreichen soll. Der US-Präsident hat keine Klarheit vermissen lassen, dass die USA weiterhin gegen jede Form von Extremismus kämpfen werden und er hat darauf hingewiesen, dass Moslems sehr oft Opfer dieses Extremismus waren.

Israel
Beim Verhältnis Israel zu den Palästinensern hat sich Obama zur Zweistaatenlösung bekannt und er hat betont, dass bei aller Anerkennung des Holocaust und der Geschichte des jüdischen Volkes, das Recht der Juden auf einen eigenen Staat besteht. Aber das berechtigt nicht, einem anderen Volk, den Palästinensern, Unrecht angedeihen zu lassen. Damit war er zur Botschaft Israels sehr klar.

Atomkraft
Weiteres Thema war die Atomkraft: Eine Atombombe im Iran würde zu seinem Wettrüsten führen. Obama hat erneut festgehalten, dass er eine Welt ohne Atomwaffen als Ziel sieht. Letztendlich hat er sich auch auf die wechselvolle Gesichte des Verhältnisses USA und Iran bezogen und hat auch dem Iran seine Hand ausgestreckt

Es war eine unfassende Handreichung, gegenüber diesem Teil der Welt.

Obamas Weltbild
Die Frage ist nun, warum macht er das? Einerseits glaube ich, dass diese Rede völlig authentisch sein Weltbild wiedergibt: Obama ist offensichtlich jemand, der nicht glaubt, dass man mit Kriegen Probleme lösen kann. Er glaubt an Diplomatie, politische Lösungen und Entwicklung und Fortschritt durch Bildung und wirtschaftliche Aufschwung. Das ist sein Weltbild.

Partner
Er geht davon aus, dass die USA und der Westen alleine nicht im Stande sein werden, die Probleme im gesamten Großraum der Region lösen zu können. Doch Obama hat vehementes Interesse, dass es zur Stabilisierung dieser Region kommt. Das Interesse hat er vor allem, weil alle militärischen Operationen enormes Geld verschlingen, das die USA heute auch auf andere Aufgaben brauchen würden.

Kooperation
Ihm ist klar geworden, dass er nur mit einem Bündnis mit der arabischen Welt diese Fragen lösen kann. Es ist ihm klar, wenn die USA sich aus dem Irak zurückziehen, dass dort kein Vakuum entstehen darf, da das von anderen gefüllt würde. Eine wichtige Voraussetzung für den Truppenabzug aus dem Irak ist also eine stärkere Kooperation in der Region. Und darum ist ein Ende des Konfliktes zwischen Israel und den Palästinensern wichtig.

Stabilität
In dieser Frage hatte er sich zuletzt auch klar bei Netanjahu geäußert, da ihm klar ist, dass die Lösung dieses Problems der Schlüssel ist, dass er mit der islamischen Welt ein neues und kooperatives Verhältnis möglich sein wird. Und regionale Stabilität ist wichtig, damit sich der iranische Einfluss in der Region nicht ausdehnt.

Klassische Rede
Letztlich war es also eine fast klassische Rede eines US-Präsidenten, die Obama in Kairo gehalten hat. Die großen Präsidenten haben es immer verstanden, die Interessen der USA mit den eigenen, liberalen, Idealen, die sie verfolgen, zu verbinden. Barack Obama hat das Interesse an der Kooperation, weil er sie braucht, damit es in diesem Teil der Welt zu einer Befriedung der Situation kommen hat. Und er hat das in einen globalen Wertezusammenhang liberalen Zuschnitts gestellt.

Es war eine historische Rede.

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