Brüssel verhandelt mit Zagreb über den EU-Beitritt. Die Gespräche gestalten sich schwierig. Offen ist, ob bis Ende 2009 eine Einigung erzielt wird.
Die EU-Kommission lässt offen, ob Kroatien das gemeinsam vereinbarte Ziel eines Abschlusses der EU-Beitrittsverhandlungen bis Ende 2009 noch schafft. Kroatien habe "deutliche Anstrengungen" unternommen, um die von EU-Kommissionspräsident Jose Manuel Barroso genannten Bedingungen zu erfüllen, "aber es ist zu früh, um zu sagen, ob sie erreicht wurden", sagte Krisztina Nagy, die Sprecherin von EU-Erweiterungskommissar Olli Rehn, in Brüssel.
Rehn hatte Anfang April erklärt, Kroatien müsse bis Juni die sogenannten "Benchmarks" für Verhandlungen in allen ausständigen Kapiteln erreicht haben, andernfalls wäre es technisch fast unmöglich, das Ziel eines Abschluss der Beitrittsverhandlungen 2009 einzuhalten. Kroatien hat bisher 20 von 35 Verhandlungsbereichen mit der EU eröffnet, schwierige Kapitel wie etwa Wettbewerbsfragen wurden bisher aber noch nicht in Angriff genommen.
Die von der EU-Kommission geforderten "Benchmarks" seien "anspruchsvoll" und würden "harte Entscheidungen" zur Justizreform, Korruptionsbekämpfung, Flüchtlingsrückkehr und zu staatlichen Beihilfen erfordern, sagte Nagy. Die EU-Kommission habe von den kroatischen Behörden Unterlagen für die Bereiche öffentliche Beschaffung, Justiz und Grundrechte erhalten und prüfe diese derzeit. Außerdem führe die EU-Kommission einen "intensiven Dialog" mit Zagreb über Wettbewerbsfragen. "Deutliche Herausforderungen bleiben bei der Umstrukturierung der Schiffswerften", sagte die Kommissionssprecherin.
Die Kommission werde im Herbst darüber entscheiden, ob sie einen Fahrplan für den Abschluss der kroatischen EU-Beitrittsverhandlungen vorlege, sagte Nagy. Wichtig sei auch die Erfüllung weiterer Bedingungen.
So hatte die EU-Kommission in ihrem letzten Fortschrittsbericht von November bemängelt, dass Kroatien die Bestimmungen das EU-Stabilisierungs- und Assoziierungsabkommens zu den staatlichen Beihilfen weiter missachte. Insbesondere hatte die EU-Behörde kritisiert, dass noch keine annehmbaren Pläne zur Umstrukturierung der Werft- und Stahlindustrie vorlägen. Außerdem hält die EU-Kommission nach dem Bericht das kroatische Verbrauchsteuersystem für Zigaretten für unvereinbar mit dem EU-Abkommen, da es zu einer Benachteiligung von Importwaren führe.
Der französische Präsident Nicolas Sarkozy und die deutsche Kanzlerin Angela Merkel hatten nach dem Nein der Iren zum Lissabon-Reformvertrag betont, dass ohne neuen EU-Vertrag keine weiteren EU-Beitritte möglich seien. EU-Kommissar Rehn hatte dies zurückgewiesen. Zwischen der Erweiterung und dem Lissabon-Vertrag gebe es "keinen Zusammenhang", hatte er unterstrichen. Die EU führt seit Oktober 2005 Beitrittsverhandlungen mit Kroatien und der Türkei. Auch Mazedonien hat offiziellen EU-Kandidatenstatus. Eine generelle Beitrittsperspektive hat die EU allen Balkan-Staaten versprochen.