6,6 Prozent Defizit
EU-Defizitverfahren gegen Polen startet
24.06.2009
Die Beitritt zur Währungsunion ist somit verschoben.
Die EU-Kommission hat am Mittwoch formal ein Defizitverfahren gegen Polen eingeleitet. Bis spätestens 2012 solle das Land den Fehlbetrag im Budget auf 3 Prozent des Bruttoinlandsproduktes (BIP) reduzieren, erklärte der EU-Wirtschaftskommissar Joaquin Almunia in Brüssel. Im vergangenen Jahr betrug das Defizit 3,9 Prozent des BIP, heuer wird es voraussichtlich 6,6 Prozent erreichen.
Kein Euro für Polen
Almunia machte klar, dass die polnische
Regierung ihren Plan, 2012 die gemeinsame Währung Euro einzuführen, nicht
verwirklichen kann. Sollte das Land bis zu diesem Zeitpunkt immerhin sein
Budgetdefizit gesenkt haben und das entsprechende Maastricht-Kriterium
erfüllen, wäre ein Beitritt 2014 möglich. Almunia erklärte auch, dass er für
die polnische Wirtschaft heuer mit einem Wachstum "nahe null" rechne.
Defizit
Für die polnische Haushaltslage machte Almunia die
Regierungen der vergangenen Jahre mitverantwortlich. Die "Konsolidierung des
Budgets war nicht ausreichend", sagte er. Außerdem fehle es der amtierenden
Regierung an Kontrolle über die Staatsausgaben. Sie sei sich bis vor kurzem
nicht im Klaren darüber gewesen, dass das Defizit im vergangenen Jahr 3,9
Prozent erreichte.
Weniger Einnahmen
Die polnische Regierung hatte am gestrigen
Dienstag erstmals zugegeben, dass sie das für heuer geplante
Haushaltsdefizit von 18 Mrd. Zloty (3,97 Mrd. Euro) nicht halten können
wird. Finanzminister Jacek Rostowski sagte bei, er rechne mit einem um 9
Mrd. Zloty höheren Fehlbetrag. Aber selbst dieser Betrag beruht noch auf
optimistischen Annahmen: Die Regierung rechnet nämlich mit weniger
Steuereinnahmen von 37 Mrd. Zloty. Um auf ein Minus von nur 9 Mrd. Zloty zu
kommen, will sie die Ausgaben drastisch senken und die Einnahmen aus
Dividenden erhöhen. Grundlage für die aktuelle Schätzung ist eine neue
Prognose für das Wirtschaftswachstum von nur noch 0,2 Prozent.
Lob
Die meisten Ökonomen lobten die neuen Prognosen der Regierung
als realistisch. "Jetzt haben wir solide, konservative Annahmen für das
Budget", sagte Jakub Borowski, Chef-Ökonom der Invest-Bank, der Zeitung
"Dziennik". Kritik kam dagegen von der rechtskonservativen Oppositionspartei
"Recht und Gerechtigkeit" (PiS), die von der Regierung seit langem gefordert
hatte, ihre Wachstumsprognose zu senken.