In der Tibet-Krise verlangt jetzt EU-Parlamentspräsident Hans-Gert Pöttering von China, mit dem Dalai Lama zu verhandeln.
Angesichts der blutigen Unruhen in Tibet hat der Präsident des Europäischen Parlaments, Hans-Gert Pöttering, doch einen Boykott der Olympischen Spiele in China ins Spiel gebracht. "Peking muss sich entscheiden. Es sollte unverzüglich mit dem Dalai Lama verhandeln. Bleiben Signale der Verständigung aus, halte ich Boykottmaßnahmen für gerechtfertigt", so Pöttering in der "Bild am Sonntag".
Völkermord an den Tibetern
Der CDU-Politiker betonte: "Wir
sollten einen Boykott der Olympischen Spiele in Peking nicht ausschließen.
Wir wollen erfolgreiche Spiele - aber nicht zum Preis des kulturellen
Völkermords an den Tibetern, von dem der Dalai Lama spricht."
Sanktionen denkbar
Am Mittwoch wird das EU-Parlament über Tibet
beraten. "Ich fordere die EU-Länder auf, bei der Verteidigung der
Menschenrechte in Tibet mit einer Stimme zu sprechen", so Pöttering,
und er stellte die Entwicklungszusammenarbeit mit Peking in Frage: "China
ist für Europa ein wichtiger Partner, zum Beispiel beim Klimaschutz. Aber
das tibetische Volk darf dafür nicht geopfert werden. Wir würden unsere
Selbstachtung verlieren."
"Dalai-Clique" vernichten
China hat am Samstag die
rücksichtslose Niederschlagung der Protestbewegung in Tibet angekündigt.
Ungeachtet internationaler Aufrufe zu einem Dialog mit dem Dalai Lama rief
die staatliche "Volkszeitung" zur Vernichtung der "Dalai-Clique" auf. "China
muss die Verschwörung der Sabotage entschlossen niederschlagen und die
'Tibeter Unabhängigkeits-Kräfte' zerschmettern", so das Blatt in einem
Kommentar.
"1,3 Milliarden Chinesen einschließlich der Tibeter würden keinem Menschen und keiner Macht erlauben, die Stabilität der Region zu untergraben", schrieb die "Volkszeitung".
Autonomie versus Unabhängigkeit
Peking wirft dem Dalai Lama,
dem Oberhaupt der Tibeter im indischen Exil, die Anstiftung der gewaltsamen
Proteste in Lhasa und anderen chinesischen Regionen mit tibetschstämmiger
Bevölkerung vor. Der tibetische Führer versichert dagegen, er strebe nach
Autonomie für sein Volk, nicht nach Unabhängigkeit. Die Proteste in Lhasa
hatten in der Vorwoche zum Jahrestag eines Aufstands gegen die Chinesen 1959
begonnen, an dessen Ende der Dalai Lama aus seiner Heimat flüchten musste.