Die EU-Staaten sind sich einig, dass acht Kapitel in den Beitrittsverhandlungen mit der Türkei wegen des Zypern-Streits eingefroren werden sollen.
Die Beitrittsverhandlungen der EU mit der Türkei werden nach Angaben des irischen Außenministers Dermot Ahern teilweise ausgesetzt. Er und seine EU-Kollegen hätten sich "gerade geeinigt", acht der 35 Verhandlungskapitel auf Eis zu legen, sagte Ahern am Montagabend in Brüssel. "Wir haben einen Konsens gefunden, wie wir die Situation zu bewerten haben", sagte Außenministerin Ursula Plassnik (V) am Montag nach den Beratungen mit ihren EU-Amtskollegen in Brüssel. Damit sei eine Krise auf dem bevorstehenden Gipfel der Staats- und Regierungschefs abgewendet worden.
"Acht zentrale Verhandlungsbereiche gehen in den Tiefkühler, sie bleiben im Trockendock", sagte Plassnik. Einig sei sich die EU auch über das weitere Überprüfungsverfahren. Demnach soll der EU-Ministerrat auf Basis von Berichten der EU-Kommission 2007, 2008 und 2009 überprüfen, inwieweit die Türkei ihre Verpflichtungen erfüllt, so Plassnik weiter. Die EU verlangt von der Türkei die Öffnung ihrer Flug- und Seehäfen für das EU-Mitglied Zypern.
Kein Türkei-Gipfel am Freitag
"Damit wird es keinen
Türkei-Gipfel am Freitag geben", sagte der finnische Außenminister
und amtierende Ratsvorsitzende Erkki Tuomioja nach den Beratungen. "Das
wichtigste war, dass niemand die Möglichkeit in Frage gestellt hat, dass die
Türkei der EU beitreten kann", sagte Tuomioja. Das müsste
eigentlich eine "Ermunterung" für die Türkei sein.
Auf drei Dokumente geeinigt
Die Minister einigten sich letztlich
auf drei verschiedene Dokumente: In einer ersten Erklärung wird
festgehalten, dass die Verhandlungskapitel freier Warenverkehr,
Niederlassungsrecht und freier Dienstleistungsverkehr,
Finanzdienstleistungen, Landwirtschaft, Fischerei, Verkehr, Zollunion sowie
Außenbeziehungen nicht angegangen werden, so lange die Türkei ihre Flug- und
Seehäfen nicht für Schiffe und Flugzeuge aus Zypern öffnet. Auch sollen so
lange keine anderen Kapitel vorläufig abgeschlossen werden. Der Fortschritt
wird im Rahmen der jährlichen Kommissionsberichte vom EU-Ministerrat
überprüft.
Außerdem einigten sich die Minister darauf, dass im Jänner eine allgemeine Erklärung zum Ende der wirtschaftlichen Isolation des türkischen Teils Zyperns verabschiedet werden soll. Zypern habe signalisiert, dass es im kommenden halben Jahr den direkten Handels der EU mit Nordzypern nicht weiter blockieren wolle, sagte der deutsche Außenminister Frank-Walter Steinmeier.
Getrennte Erklärung zu Nordzypern
Die EU-Außenminister
arbeiten offenbar weiter an einer getrennten Erklärung zu Nordzypern. Ohne
eine Klärung zu diesem Punkt wolle Zypern dem Gesamtpaket zur Teilaussetzung
der Türkei-Verhandlungen nicht zustimmen, hieß es in Ratskreisen. Die
Einigung sei "noch nicht in trockenen Tüchern", sagte ein
Diplomat.
Wie aus Ratskreisen verlautete, soll in der zusätzlichen Erklärung zu Nordzypern das Ende der wirtschaftlichen Isolierung des Nordteils der getrennten Insel angesprochen werden. Diese könnte auch zu einem späteren Zeitpunkt ausformuliert werden, der Kern soll aber bereits jetzt im Rahmen des gesamten Pakets zur Türkei beschlossen werden. Dieser Text sei mit dem Beschluss zur teilweisen Aussetzung der Beitrittsverhandlungen verknüpft, sagten Diplomaten ohne weitere Details.