EU-Ratspräsident Charles Michel hat seine Kandidatur bei der anstehenden EU-Wahl zurückgezogen.
Er werde "bei den Europawahlen nicht kandidieren", teilte Michel am Freitagabend auf Facebook mit. Der 48-Jährige hatte im 6. Jänner angekündigt, bei der Wahl am 9. Juni die Liste der liberalen belgischen Partei Mouvement Réformateur (MR) anzuführen. Seine Entscheidung habe großes Aufsehen erregt und zu Spekulationen geführt. Michel sprach nun von "persönlichen Angriffen".
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Michels Pläne hatten heftige Kritik hervorgerufen. Er hätte im Falle seiner Wahl sein Amt als EU-Ratspräsident vorzeitig abgeben müssen. Nach den EU-Regeln würde der Staats- oder Regierungschef des Mitgliedslandes, welches zu diesem Zeitpunkt die rotierende EU-Ratspräsidentschaft innehat, Michels Amt bis Ende November übernehmen - und das ist ab Juli ausgerechnet der ungarische Ministerpräsident Viktor Orban, der nach Russlands Einmarsch in die Ukraine weiter enge Verbindungen zum Kreml unterhält.
Die Kandidatur warf auch Fragen zu einem möglichen Interessenskonflikt auf, da Michel als Parteipolitiker in einem Wahlkampf kandidieren und gleichzeitig als Vorsitzender eines Rates fungieren würde, der sich aus führenden Vertretern verschiedener politischer Gruppen zusammensetzt.
"Ich werde mich mit aller Kraft und mit fester Entschlossenheit meinen derzeitigen Aufgaben widmen, bis sie zu Ende sind. Ich werde immer ein glühender Verfechter eines demokratischen, starken und geeinten Europas sein, das sein Schicksal selbst in die Hand nimmt", erklärte Michel in seiner Stellungnahme. "Am Ende dieses Mandats werde ich über die Art und Ausrichtung meiner künftigen Verpflichtungen nachdenken."
Seit fünf Jahren im Amt
Der Belgier Michel hatte im Jahr 2019 die Nachfolge von Donald Tusk als EU-Ratspräsident angetreten. Der Posten des Ratspräsidenten wurde vor rund 15 Jahren mit dem Vertrag von Lissabon eingerichtet, um der EU mehr Sichtbarkeit zu verschaffen. Dem Amtsinhaber obliegt die Vorbereitung und Leitung der EU-Gipfel, zu denen sich die 27 Staats- und Regierungschefs in der Regel in Brüssel treffen.
Die Europawahl findet vom 6. bis 9. Juni statt. Bei der weltweit größten länderübergreifenden Wahl bestimmen mehr als 400 Millionen Wahlberechtigte aus 27 EU-Ländern die 720 Mitglieder des Europaparlaments für eine Amtszeit von fünf Jahren. Nach der Wahl werden auch die Spitzen der EU-Kommission und des Rates neu besetzt.