Zwangsgeld

EuGH verurteilt Polen zu Strafe über 1 Million Euro pro Tag

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Grund für den Schritt ist laut Gerichtshof die bisherige Weigerung des Landes, höchstrichterliche Entscheidungen zu umstrittenen Justizreformen umzusetzen. 

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat Polen zur Zahlung eines Zwangsgeldes in Höhe von einer Million Euro täglich verurteilt. Grund für den Schritt ist nach einer Mitteilung des Gerichtshofes vom Mittwoch die bisherige Weigerung des Landes, höchstrichterliche Entscheidungen zu umstrittenen Justizreformen umzusetzen. Polen wies das Urteil als "Erpressung" zurück.

Eine offizielle Stellungnahme Polens lag zunächst nicht vor. Der stellvertretende Justizminister Sebastian Kaleta schrieb auf Twitter aber, das Urteil komme einer "widerrechtlichen Übernahme und Erpressung" gleich. Der EuGH verachtet und ignoriert die polnische Verfassung und die Urteile des Verfassungsgerichts komplett", schrieb Vize-Justizminister Sebastian Kaleta am Mittwoch auf Twitter. Das Gericht überschreite seine Kompetenzen. "Das ist eine weitere Etappe der Operation, die Polen den Einfluss auf seine Staatsform wegnehmen soll. Das ist Usurpation und Erpressung."

Konkret geht es dabei insbesondere um die Anordnung, die Arbeit der umstrittenen Disziplinarkammer zur Bestrafung von Richtern zu stoppen. Die Tätigkeit ist nach EuGH-Entscheidungen nicht mit EU-Regeln zur Unabhängigkeit und Unparteilichkeit der Justiz vereinbar. Die Einhaltung der Anordnung vom 14. Juli sei erforderlich, um einen "schweren und nicht wiedergutzumachenden Schaden" von der Rechtsordnung der Europäischen Union und der Werte, auf denen diese Union beruhe (...), abzuwenden", ließ der Vizepräsident des Gerichtshofs am Mittwoch mitteilen. Das Zwangsgeld solle bewirken, dass Polen die Einhaltung nicht hinauszögere.

Die Finanzsanktionen gegen Polen waren am 9. September von der für die Überwachung der Rechtsstaatlichkeit in der EU zuständigen EU-Kommission beantragt worden. Sie werden nun so lange fällig, bis Polen den Anordnungen des EuGH Folge leistet.

"Die Justizsysteme in der gesamten Europäischen Union müssen unabhängig und fair sein", hatte Kommissionschefin Ursula von der Leyen damals kritisiert. Polens Justizminister Zbigniew Ziobro sprach hingegen von einer "Aggression gegen Polen" und von einem "juristischen hybriden Krieg".

Zuvor hatte der EuGH Mitte Juli entschieden, dass Polen mit der Disziplinarkammer gegen europäisches Recht verstößt. Zudem wurde das Land mit einer einstweiligen Anordnung aufgefordert, die Bestimmungen auszusetzen, mit denen die Disziplinarkammer ermächtigt wird, über Anträge auf Aufhebung der richterlichen Immunität sowie über Fragen zur Beschäftigung und Pensionierung von Richtern zu entscheiden. Der Beschluss betraf zudem noch weitere Bestimmungen des polnischen Rechts, die die Unabhängigkeit von Richter betreffen.

Polen hatte daraufhin angekündigt, dass die umstrittene Disziplinarkammer in ihrer derzeitigen Form abgeschafft werden soll. Sie arbeitete zuletzt aber weiter alte Fälle ab. Die Kammer galt bisher als das Herzstück der von der PiS-Regierung initiierten Justizreformen. Die Kammer kann jeden Richter oder Staatsanwalt entlassen. Kritiker befürchten, sie könne dazu dienen, Richter für unliebsame Entscheidungen zu maßregeln.

Bereits am 20. September war Polen wegen des Braunkohle-Abbaus Turów an der Grenze zu Deutschland vom EuGH zu einer Geldstrafe verurteilt worden. Trotz einstweiliger EuGH-Anordnung vom Mai habe Warschau den Braunkohle-Abbau nicht gestoppt, hieß es damals in einer Anordnung der EuGH-Vizepräsidentin Rosario Silva de Lapuerta. Deshalb müsse Polen ab sofort für jeden Tag, an dem es der Anordnung nicht nachkomme, 500 000 Euro Strafe in das EU-Budget zahlen.

Erste Reaktionen aus dem Europaparlament auf das neue Zwangsgeld fielen positiv aus. Der ÖVP-Europaabgeordnete und Vizepräsident des Europaparlaments, Othmar Karas, begrüßte das Urteil. Dieses sei "ein richtiges Signal. Geld scheint der einzige Weg, gegen die Sturheit der polnischen Regierung anzugehen. Die pro-europäischen Polen haben es nicht verdient, wegen der eigenen Regierung Milliarden zu verlieren", schrieb er am Mittwoch auf Twitter.

"Es ist wichtig, endlich alle Instrumente, die uns zur Verteidigung der Rechtsstaatlichkeit in Europa zur Verfügung stehen, auch anzuwenden", begrüßte auch die SPÖ-Europaabgeordnete Bettina Vollath das Urteil des EuGH. "Es ist ein wichtiger Schritt, der zeigt, dass Verstöße gegen die in den EU-Verträgen zugesicherten Grundrechte auch tatsächlich Konsequenzen haben."

Die EU-Abgeordnete der NEOS, Claudia Gamon, begrüßte das Urteil ebenso. "Das hohe Zwangsgeld von einer Million Euro pro Tag ist ein klares Zeichen, nicht nur an Polen, dass wir in Europa die Rechtsstaatlichkeit als wesentlichen Eckpfeiler von Demokratien hochhalten und es nicht tolerieren, wenn der Rechtsstaat massiv angegriffen wird."

"Das EuGH-Urteil gegen Polen ist ein wichtiges Signal, dass die europäischen Prinzipien von Demokratie und Rechtsstaatlichkeit in der EU nicht verhandelbar sind", kommentieren Meri Disoski, stellvertretende Klubobfrau der Grünen, und Monika Vana, Delegationsleiterin der Grünen im Europaparlament. "Die Rechtsstaatlichkeit in Europa ist zunehmend gefährdet. Genau aus diesem Grund ist es dringend notwendig, dass Rechtsstaatsverletzer wie Polen Konsequenzen für ihr Handeln spüren", betonte Disoski. Vana forderte: "Der Stopptaste bei der Auszahlung der Gelder aus dem Wiederaufbaufonds an Polen müssen weitere Sanktionen folgen." 

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