Griechenland will weitere Status-Verhandlungen. Zapatero befürchtet einen Auftrieb für die Basken und eine Störung spanischer Wahlen.
Die Kosovo-Albaner haben sich nach Darstellung ihres Ministerpräsidenten Hashim Thaci mit Washington und Brüssel auf ein Datum für die Ausrufung ihrer Unabhängigkeit geeinigt, die kurz nach der serbischen Präsidenten-Stichwahl am 3. Februar erwartet wird. Während US-Außenministerin Condoleezza Rice die europäischen NATO-Verbündeten davor gewarnt hat, klare Entscheidungen über die völkerrechtliche Status-Regelung der seit 1999 unter UNO-Verwaltung stehenden serbischen Provinz mit albanischer Mehrheitsbevölkerung auf die lange Bank zu schieben, hält die griechische Regierung an der Forderung nach weiteren Verhandlungen fest und unterstützt dabei den Standpunkt Belgrads, das sich mit russischer Unterstützung der Eigenstaatlichkeit Kosovos widersetzt.
Spanien fürchtet Beeinträchtigung der Wahlen
Der
britische Außenminister David Miliband erklärte nach Diplomatenangaben, dass
die Unabhängigkeit des Kosovo am 4. Februar, dem Tag nach der zweiten Runde
der serbischen Präsidentenwahl, proklamiert werden soll. Sein italienischer
Kollege Massimo D'Alema forderte dagegen, dass auch die spanischen
Parlamentswahlen am 9. März berücksichtigt werden müssten. Der spanische
Regierungschef Jose Luis Rodriguez Zapatero könnte in Bedrängnis kommen,
wenn wegen der Kosovo-Frage die separatistischen Bestrebungen im Baskenland
in den Mittelpunkt des Wahlkampfes gerieten. Die baskische
Untergrundorganisation ETA hatte die Unabhängigkeit des Kosovo als Vorbild
bezeichnet.
Wo bleibt der "allseits akzeptierte Kompromiss"?
Der
griechische Verteidigungsminister Evangelos Meimarakis erklärte anlässlich
eines offiziellen Besuches in Bosnien-Herzegowina, nur ein "durch Dialog
erreichter, allseits akzeptierter Kompromiss" könne eine dauerhafte
Kosovo-Lösung bringen. Der Balkan brauche eine "ausgewogene Lösung, die noch
viel Zeit in Anspruch nehmen wird, um von allen Seiten angenommen werden zu
können", betonte der griechische Minister. "Eine solche Lösung kann nicht
aufgezwungen werden. Sie muss das Resultat von ernsten Verhandlungen sein",
hob Meimarakis hervor.
Serbien macht EU-Kosovo-Mission von neuer UNO-Resolution
Nach
Informationen der Belgrader Zeitung "Blic" vom Mittwoch sollen sich die
Demokratische Partei Serbiens (DSS) von Premier Vojislav Kostunica und die
Demokratische Partei (DS) von Präsident Boris Tadic im Prinzip darauf
geeinigt haben, die Zustimmung zur EU-Kosovo-Mission von einer neuen
UNO-Resolution abhängig zu machen. Der Sicherheitsrats-Resolution 1244 aus
dem Jahr 1999, die für die Provinz eine "substanzielle Autonomie" vorsah,
wäre durch eine einseitige Unabhängigkeitserklärung der Boden entzogen, sie
müsste durch eine neue ersetzt werden, was von den meisten EU-Regierungen
nicht so gesehen wird.
Russische Kirche warnt vor "Leiden am Balkan"
Vor
"neuem Leiden der Völker auf dem Balkan" hat der Moskauer Patriarch Alexi
II. gewarnt. Jede Entscheidung über den Kosovo-Status müsse "die Meinung des
serbischen Volkes berücksichtigen", forderte das Oberhaupt der russischen
Orthodoxie, das überdies die Gestaltung der Beziehungen zum Vatikan mit
dessen Haltung in der Kosovo-Frage verknüpft hat. Wenn die katholische
Kirche den Dialog mit der Orthodoxie tatsächlich vertiefen wolle, könnte sie
das durch den Einsatz für den Schutz der orthodoxen Christen und heiligen
Stätten im Kosovo, der "geistigen Wiege des serbischen Volkes", zum Ausdruck
bringen, hatte der Moskauer Patriarch im Dezember betont.
Japan soll Unabhängigkeit bald anerkennen
Kosovo-Präsident
Fatmir Sejdiu hat an Japan appelliert, die Unabhängigkeitserklärung, die
nach seinen Worten "sehr bald" erfolgen wird, ohne Zögern anzuerkennen.
Japan werde zu den ersten Ländern gehören, "die die Unabhängigkeit des
Kosovo anerkennen", zeigte sich Sejdiu in einem am Mittwoch veröffentlichten
Interview mit der japanischen Nachrichtenagentur Kyodo überzeugt. "Wir
meinen, dass eine Anerkennung durch Japan sehr günstig für uns sein wird."
Warnungen vor einseitiger Unabhängigkeitserklärung
In
der Parlamentarischen Versammlung des Europarats sind bereits Warnungen vor
den Folgen der erwarteten einseitigen Unabhängigkeitserklärung laut
geworden. Die internationale Gemeinschaft dürfe nicht einen Staat
unterstützen, dessen Scheitern programmiert sei, "das wäre sehr gefährlich",
betonte der britische Liberale Michael Hancock. Der deutsche Präsident der
Europäischen Rundfunkunion (EBU), Fritz Pleitgen, ist beunruhigt über die
Entwicklung der Radio- und Fernsehanstalt "Radio Television Kosovo" (RTK),
des von westlicher Unterstützung abhängigen Leitmediums. So hätten etwa
Falschmeldungen des öffentlichen Rundfunks zu Brandstiftungen und zur
Ermordung von Serben geführt, heißt es in einem Schreiben, das der ehemalige
WDR-Intendant laut Medienberichten an den deutschen Außenminister
Frank-Walter Steinmeier gerichtet hat. Pleitgen sorgt sich darin generell um
die Medienfreiheit im Kosovo. Er sei "besorgt", dass die
öffentlich-rechtliche Rundfunkstation "ihre wichtige Aufgabe, unabhängig und
unparteiisch zu informieren, künftig nicht mehr erfüllen kann", so der
EBU-Präsident.