Österreichs Ex-Bundeskanzler Christian Kern (SPÖ) sieht auf unseren Nachbar Deutschland düstere Zeiten zukommen – auch für Europa befürchtet er drastische Folgen.
In Österreich ist Christian Kern vor allem als ehemaliger Bundeskanzler und Parteichef der SPÖ bekannt, zuvor war er Chef der ÖBB. Nach seinem Abgang von der politischen Bühne ist der 57-Jährige als Manager tätig. Was hierzulande wohl weniger bekannt ist: Kern ist in Deutschland auch Aufsichtsratschef eines hoch spezialisierten Glas-Herstellers für die Solar-Industrie.
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Insofern ist der Ex-Kanzler auch ein scharfer Beobachter der Geschehnisse bei unseren Nachbarn. Nun schlägt Kern in einem Gastbeitrag für die Bild Alarm. Angesichts der deutschen Finanzkrise sieht er die gesamte deutsche Wirtschaft in Gefahr – am Ende könnte da sogar ganz Europa in die Krise stürzen.
"Nicht nur Fußballspielen verlernt"
Zur Entwicklung Deutschlands kann sich Kern einen sportlichen Seitenhieb nicht verkneifen: "Man hat das Gefühl, dass die Deutschen nicht nur das Fußballspielen verlernt haben." Erst am Dienstag hat das ÖFB-Team Deutschland in einem Test-Kracher mit 2:0 besiegt.
Dann wird Kern deutlich und teilt gegen die deutsche Politik aus: "Man hätte über mehr als ein Jahrzehnt zu besten Zinskonditionen das Land und seine Infrastruktur bei Verkehr, Bahn, Telekommunikation und Bildung zukunftsfähig machen können. Das ist nicht geschehen und sollte nun auf einen Schlag nachgeholt werden. Offensichtlich scheitert das gerade grandios. Es scheint, als seien alle Sicherungen durchgebrannt: Die Zukunftschancen und Zukunftsjobs werden verspielt."
"Deutschland darf nicht ausfallen!"
Das sieht der Ex-SPÖ-Chef aber nicht nur als deutsches Problem, sondern als Europa-Problem: "Deutschland ist die Lokomotive, die nicht ausfallen darf!"
Auch wirtschaftlich schlägt Kern am Beispiel der Glasmanufaktur Brandenburg, wo er im Aufsichtsrat sitzt, Alarm. "Wir wollten 150 Millionen Euro investieren und die Kapazitäten verdoppeln. Nun ist nicht nur das in Gefahr, nun wankt alles." Unter anderem in Norwegen würden bereits erste Hersteller schließen. Kern warnt: "Es droht ein Dominoeffekt in ganz Europa."
Das Problem laut Kern: "Indien, die USA und andere Länder erheben Strafzölle für Billig-Solarpaneele aus China, Deutschland und die EU nicht. Der Effekt ist: Asiatische Produzenten verramscht ihre Überkapazitäten in Deutschland und Europa und würgen damit die heimische Industrie ab."
"Gefahr ist in Verzug"
Zwei Jahre lang habe man bereits versucht zu erreichen, dass die Herkunft der Solarpanele in die Förderpolitik einbezogen wird. Die Politik sei am Zug, denn: "Jetzt droht die gesamte deutsche Solarbranche in einem großen schwarzen Loch zu verschwinden. Statt Zukunftsbranchen und Zukunftsarbeitsplätze aufzubauen, wird das, was da ist auch noch abgewrackt. Gefahr ist in Verzug, wir haben keine Jahre mehr, um das notwendige zu tun, sondern bestenfalls noch Wochen. Da kommt das Desaster in Deutschland zur Unzeit!"