Der neue Bürgermeister Londons spaltet die Öffentlichkeit. Die einen bewundern seinen Verstand, die anderen stören sich an seiner ruppigen Art.
Der neue Londoner Bürgermeister Boris Johnson entzweit die Öffentlichkeit: Die einen bewundern ihn für seine Exzentrik und seinen Verstand, die anderen stören sich an seiner oft ruppigen Art. Der ehemalige Zeitschriftenredakteur verstrahlt in seinen verknitterten Anzügen keinen Glanz wie etwa sein New Yorker Amtskollege Michael Bloomberg. Doch er wird eine boomende Stadt leiten, die zu den führenden Finanzzentren der Welt gehört und 2012 Gastgeber der Olympischen Spiele ist.
Sieg für Opposition
Johnsons Sieg über den Amtsinhaber Ken
Livingstone gilt auch als Sieg für den Chef der oppositionellen
Konservativen, David Cameron. Schließlich ist Johnson der erste Konservative
seit dem Wahlverlust der Tories 1997, der einen landesweit wichtigen Posten
bekleidet. Sein Sieg gebe hoffentlich die politische Richtung für
Großbritannien vor, sagte Johnson. "Ich hoffe, das zeigt, dass die
Konservativen sich zu einer Partei gewandelt haben, der wieder vertraut
werden kann." Kritiker warnen jedoch, dass Johnson sich als Trojanisches
Pferd erweisen könnte, sollten seine unvorsichtigen Bemerkungen und
unpassenden Witze den Anspruch der Tories auf die Regierung untergraben.
Beleidigungen von Minderheiten
Alexander Boris de Pfeffel
Johnson, so sein voller Name, wurde mit einer satirischen Nachrichtensendung
einem größeren Publikum bekannt. Später waren es dann eher seine
Beleidigungen von Minderheiten, mit denen er in die Schlagzeilen geriet. So
warf er den Menschen in Liverpool vor, in Selbstmitleid zu verharren, als
ein Bewohner der Stadt im Irak getötet wurde. Später entschuldigte er sich
auf Druck der Parteiführung. Ein anderes Mal nannte er die Bewohner
Papua-Neuguineas Kannibalen und Mörder, auch dafür entschuldigte er sich
später.
Beziehungen zu China als Test
Einen ersten Test seiner
Amtsführung werden wohl die Beziehungen zu China darstellen. Als
Bürgermeister der nächsten Olympia-Stadt London wird von ihm erwartet, dass
er zumindest an einem Teil der diesjährigen Spiele in Peking teilnimmt.
Seine Partei hofft, dass er seine Gastgeber dann nicht beleidigt. "Der
kulturelle Einfluss Chinas ist praktisch null und wird wahrscheinlich auch
nicht anwachsen", schrieb Johnson in einem seiner zahlreichen Bücher, deren
Themen von Sportwagen bis zum Alten Rom reichen.
Auch die 2005 in Großbritannien legalisierte Homo-Ehe nahm der neue Bürgermeister häufig ins Visier. In einem seiner Bücher schrieb er, wenn Homosexuelle heiraten könnten, warum dann nicht "drei Männer, oder drei Männer und ein Hund".
Krach auch mit der eigenen Partei
Im vergangenen Jahr verärgerte
Johnson die südenglische Hafenstadt Portsmouth, indem er schrieb, die Region
sei "zu voll mit Drogen, Fettsucht, schwachen Leistungen und
Labour-Abgeordneten". Auch vor seiner eigenen Partei machte er nicht Halt.
2006 lehnte er es ab, sich an einer Kampagne für gesündere Schulspeisen zu
beteiligen. Er erklärte stattdessen, er sympathisiere mit den Eltern, die
ihren Kindern Fast Food zum Schultor brächten.
Johnson wurde in New York geboren und ist der Urenkel des türkischen Journalisten und Ministers Ali Kemal. Im Unterhaus repräsentiert er den vornehmen Bezirk Henley westlich von London, der für seine jährliche Regatta bekannt ist. Der neue Bürgermeister besuchte das angesehene Eton-College und machte seinen Abschluss an der Oxford University in klassischer Philologie. Von 1999 bis 2005 war er Redakteur beim konservativen "Spectator". In Eton war er gemeinsam mit Parteichef Cameron. Doch während dieser seine elitäre Erziehung herunterspielt, kultiviert Johnson sein Image als exzentrischer Edelmann.