Rund vier Wochen nach dem Anschlag werden Vermutungen laut, dass hinter der Tat gar kein Neonazi-Rachakt stand. War es eine Beziehungstat?
Knapp vier Wochen nach dem Mordanschlag auf den Passauer Polizeichef Alois Mannichl sind gefälschte Briefe aufgetaucht, in denen der Fall als Familiendrama dargestellt wird. Der leitende Passauer Oberstaatsanwalt Helmut Walch sagte am Freitag dem Bayerischen Rundfunk, die mit einem Polizeilogo versehenen Schreiben seien "schlichtweg gefälscht". Ein Sprecher des Bayerischen Landeskriminalamts (LKA) sagte auf Anfrage, neue Erkenntnisse zu den Hintergründen der Tat oder eine heiße Spur zu dem Täter hätten die Ermittler trotz ihrer umfangreichen Fahndungen weiter nicht.
War es Beziehungstat?
Der LKA-Sprecher nannte einen Bericht der "Süddeutschen
Zeitung" vom Freitag Spekulation, wonach es Zweifel an dem bisher
angenommenen rechtsextremen Hintergrund der Tat gibt. Die "SZ"
zitierte einen namentlich nicht genannten Polizisten mit den Worten, dass
die Umstände der Tat eher für eine Beziehungstat sprächen.
Nach dem Messerangriff sei allerdings anfangs nicht - wie sonst üblich - in der Familie ermittelt worden. Erst spät seien Ehefrau und die beiden Kinder befragt worden.
Mannichl sagte dazu, es sei nur "professionelle Polizeiarbeit", wenn nach einem Verbrechen nun auch das Opfer genau unter die Lupe genommen werde. Es sei ihm aber nicht bekannt, dass gegen seine Frau ermittelt werde. "Aber es ist normal, dass, wenn der Täter nicht schnell ermittelt wird, auch die andere Seite genau beleuchtet wird. Zum privaten Umfeld gehört alles dazu", erklärte der 52-Jährige laut "Abendzeitung".
Mannichl empört über Spekulationen
Mit Empörung hat der
Passauer Polizeichef Alois Mannichl Spekulationen über einen möglichen
familiären Hintergrund der Messerattacke auf ihn zurückgewiesen. "Ich bin
wütend", sagte Mannichl der "Passauer Neuen Presse" und bezeichnete die
Gerüchte als "Quatsch".
Mannichl sagte, die Spekulationen über den Tathergang belasteten ihn sehr. Im Nachrichtenmagazin "Focus" bezeichnete er die bislang erfolglose Fahndung als nicht ungewöhnlich: "Das ist ein ganz normaler Ermittlungsfall. Nur weil der Polizeidirektor das Angriffsziel ist, besteht für den Täter keine Veranlassung, die Visitenkarte an der Haustür zu hinterlassen." Polizeiarbeit gestalte sich eben manchmal schwierig.
Phantombilder wertlos?
Nach Angaben des leitenden
Oberstaatsanwalts sind die bundesweit verbreiteten Phantombilder, die zwei
mögliche Täter aus der rechtsradikalen Szene zeigten, unbrauchbar. Man
zweifle mittlerweile an der Beobachtungsgabe der Zeugin. Zugleich klagte der
Staatsanwalt über das Schweigen der Nachbarn, die Angaben zu dem Attentat
machen könnten. Viele von ihnen seien erst auf eine "scharfe zweite
Befragung" hin zu Aussagen bereit gewesen.
Keine Fremdspuren auf der Tatwaffe
In Bezug auf die Tatwaffe
spricht auch die ermittelnde Staatsanwaltschaft von "Merkwürdigkeiten".
Der Leitende Oberstaatsanwalt Helmut Walch sagte dem Blatt, es sei "merkwürdig",
dass für den Angriff auf den Polizeichef ein Messer aus dessen Haushalt
benutzt worden sei und bisher keine Fremdspuren auf diesem Messer gefunden
worden seien.
Mannichl erläuterte auch noch einmal, wie es dazu kam, dass er mit dem eigenen Küchenmesser von dem Täter schwer verletzt wurde. Drei Tage vor der Tat seien 60 bis 70 Nachbarn bei einer Adventaktion vor seinem Reihenhaus bei Passau gewesen. Dabei sei den Menschen im Freien Punsch und Lebkuchen serviert worden. Beim Aufräumen sei das dabei verwendete Messer runtergefallen. "Ich habe es auf die nächstbeste Ablage gelegt, das war die Fensterbank." Dort könne der Täter dann das liegengebliebene Küchenmesser genommen haben.