Poker in Paris
Frankreich: Chaos in Linksfront - Jetzt wollen Macronisten & Bürgerliche sie austricksen
10.07.2024Während sich die Linksfront nach ihrem Wahlsieg immer noch nicht auf einen gemeinsamen Premier-Kandidaten einigen kann und jegliche Kooperation mit anderen verweigert, basteln jetzt Vertreter von Macron und Bürgerlichen an einer Alternative, um die extreme Linke auszubremsen.
Selbst den Linken nahe stehende Politologen und Experten schütteln den Kopf über das Bild das der Nouveau Front Populaire (NFP) - das Linksbündnis aus Sozialdemokraten, Grünen, Kommunisten und der extrem Linken LFI von Jean-Luc Mélenchon - in aller Öffentlichkeit abgeben.
Streit im Linksbündnis über Premier-Posten
Bis Mittwochmittag - eigentlich hätte die Entscheidung am Dienstag fallen sollen - konnte sich die Vierer-Allianz nicht auf einen gemeinsamen Kandidaten für das Amt des Premierministers - das sie einfordern - einigen. Stattdessen ging nur der PS - Rote - raus und forderten den Job für ihren Vorsitzenden Olivier Faure. Während die Mélenchonisten selbst den Premier stellen wollen.
Vertreter der extremen Linken sorgten auch für Empörung, weil sie aufriefen "einen Marsch auf Matignon (dem Sitz des Premier)" zu machen. Das wurde in Frankreich rasch mit dem Sturm auf das Capitol verglichen. Zudem lehnen derzeit LFI, Grüne und PS eine Koalition mit anderen Parteien ab.
Volksfront will per "Dekret" als Minderheitsregierung regieren
Der Haken: Die Volksfront wurde im zweiten Wahlgang der Parlamentswahlen in Frankreich am 7. Juli - weil die Wähler Marine Le Pens Kandidat Jordan Bardella als Premier verhindern wollten - nach Mandaten Erste. Sie verfügen aber nur über 182 Sitze statt der benötigten 289 Sitze für eine absolute Mehrheit. Das wäre eine extrem wackelige Angelegenheit und eine Regierung, die jederzeit gestürzt werden könnte. Einzig der populäre Sozialdemokrat Raphael Glucksmann rief dazu auf Koalitionspartner zu suchen.
Der Chef der Kommunisten - die in Frankreich weit moderater als die LFI ist - scheint ähnlich zu denken wie Glucksmann. Beide sind aber eine Minderheit in ihren Reihen. Das Linksbündnis kündigt an "per Dekret" regieren zu wollen. Genau das hatten sie freilich der Zentrumsregierung von Macron - diese hatte 250 Mandate - als autoritär ausgelegt.
Rote Bürgermeisterin von Paris will, dass Attal während olympischen Spielen Premier bleibt
Während Mélenchon und seine Anhänger Macron attackieren weil dieser Premierminister Gabriel Attal vorerst im Amt gelassen hatte, spricht sich die sozialdemokratische Bürgermeisterin von Paris, Anne Hidalgo, dafür aus, dass der Zentrist bis zum Ende der olympischen Spiele Premier bleiben solle. Sie lobte sogar Frankreichs Innenminister Darmanin. Im Unterschied zu vielen ihrer Genossen ist ihr offenbar das Sicherheitsrisiko für ihre Stadt klar.
Zentristen und Bürgerliche basteln an Alternativ-Regierung
Eben jener Darmanin versucht gerade mit anderen bürgerlichen Mistreitern in der Noch-Regierung Attal an einer Koalition mit den Republicains (Konservative) zu basteln. Dieses Bündnis hätte mit 220 Mandaten mehr Sitze als das Linksbündnis. Eine Absolute hätten sie aber auch nicht. Ihr Argument: Man müsse die extrem Linke von Mélenchon ebenso von einer Regierung fernhalten wie die extrem Rechte von Marine Le Pen. Die Linksfront könnte eine solche Regierung freilich stürzen.
Es bleibt chaotisch in Frankreich ...