Damit hat Hollande jetzt freie Hand für die Bildung eines Kabinetts.
Die französische Regierung hat am Donnerstag wie angekündigt ihr Rücktrittsgesuch eingereicht, um den Weg für einen Führungswechsel nach der Präsidentenwahl freizumachen. Der Verfassungsrat hatte kurz zuvor das amtliche Endergebnis der Stichwahl vom vergangenen Sonntag kundgemacht und den Sozialisten Francois Hollande mit 51,6 Prozent der Stimmen offiziell zum Wahlsieger erklärt. "Sein fünfjähriges Mandat beginnt spätestens am 15. Mai um Mitternacht", stellte der Präsident des Verfassungsrats, Jean-Louis Debré, fest. Auf den scheidenden konservativen Präsidenten Nicolas Sarkozy entfielen 48,4 Prozent.
Demissionsschreiben
Der seit 2007 amtierende konservative Premierminister Francois Fillon sandte sein Demissionsschreiben an den Élysée-Palast, Sarkozy betraute ihn daraufhin mit der Weiterführung der Regierungsgeschäfte bis zur Ernennung des neuen Kabinetts durch Hollande, der am Dienstag in sein Amt eingeführt wird. Die neue Regierung soll noch am Dienstag vorgestellt werden. Als Favorit für den Premier-Posten gilt derzeit Jean-Marc Ayrault, der langjährige Fraktionschef der Sozialisten in der Nationalversammlung. Die neue linke Regierung wird zumindest bis zu den Parlamentswahlen im Juni amtieren. In Frankreich führt der Staatspräsident selbst den Vorsitz im Ministerrat, dessen Tagesordnung er festlegt, und hat das letzte Wort in der Außen-, Sicherheits- und Verteidigungspolitik ("domaine réservé"). Doch hängt die Macht des Staatsoberhauptes auch von den Kräfteverhältnissen im Parlament ab, das die Regierung stürzen kann.
Vor dem Hintergrund der Griechenland-Krise setzte Hollande am Donnerstag seine Konsultationen mit europäischen Spitzenpolitikern fort. Geplant war ein Treffen mit Eurogruppen-Chef Jean-Claude Juncker. Am Mittwoch hatte er bereits den ständigen EU-Ratsvorsitzenden Herman Van Rompuy getroffen.
Sarkozy soll Politiker bleiben
Die scheidende Ministerin für Solidarität und sozialen Zusammenhalt, Roselyne Bachelot, zeigte sich am Mittwoch gegenüber dem Sender Europe 1 überzeugt, dass Sarkozy der Politik nicht den Rücken kehren werde. Er werde sich vielmehr weiter für die bürgerlich-konservative UMP engagieren, der jetzt ein Machtkampf zwischen Fillon und dem bisherigen Parteichef Jean-Francois Copé droht. "Ich verlasse euch nicht, ich werde euch helfen", zitierte sie Sarkozy auf der letzten Ministerratssitzung vom Dienstag.
Der Machtwechsel in Paris wird von schlechten Wirtschaftsnachrichten überschattet: Die Banque de France prognostizierte am Donnerstag ein Nullwachstum für das zweite Quartal. Hollande setzt auf ein baldiges Anziehen der Konjunktur, um seine ehrgeizigen Initiativen finanzieren zu können. Auch die Industrieproduktion sank im März. Im Monatsvergleich ging sie um 0,9 Prozent zurück, teilte die Statistikbehörde Insee mit. Zwar hatten Volkswirte mit einem Rückgang gerechnet, ihn aber mit 0,6 Prozent schwächer prognostiziert.
Einladung nach Österreich
Bundespräsident Heinz Fischer hat Hollande nach Österreich eingeladen. In einem Telefonat am Mittwochabend tauschten sie auch Erinnerungen an ihre frühere Zusammenarbeit in europäischen Gremien Ende der 1990er Jahre aus, hieß es in einer Aussendung der Präsidentschaftskanzlei vom Donnerstag. Hollande war über zehn Jahre Parteichef der französischen Sozialisten, Fischer viele Jahre stellvertretender SPÖ-Vorsitzender. Hollande habe demnach "grundsätzlich positiv" auf die Einladung reagiert.
© Reuters
© Reuters
© Reuters
© Reuters
© Reuters