Der ehemalige ägyptische Präsident sitzt in Untersuchungshaft.
Das Oberste Verwaltungsgericht in Ägypten hat am Samstag die National-Demokratische Partei (NDP) von Ex-Präsident Hosni Mubarak für aufgelöst erklärt. Zugleich wurden die Vermögenswerte der Quasi-Staatspartei des gestürzten Regimes eingezogen und dem Staatsbudget überschrieben. Die NDP war seit ihrer Gründung 1978 durch den damaligen Präsidenten Anwar al-Sadat ohne Unterbrechung die herrschende Partei in Ägypten.
Ein repressives Parteiengesetz, die Einschüchterung von Wählern und die Korrumpierung potenzieller Gegner sorgten dafür, dass die Alleinmacht der NDP unter Sadat und Mubarak selbst durch Wahlen nicht infrage gestellt werden konnte. Die NDP verfügte außerdem über Netzwerke der wirtschaftlichen Patronage, die weite Felder des Wirtschafts- und Geschäftslebens in Ägypten ihrer Kontrolle unterwarfen.
Protestbewegung hatte Auflösugn gefordert
Die Auflösung der NDP war eine der Forderungen der Jugend- und Protestbewegung, die den Sturz Mubaraks am 11. Februar herbeigeführt hatte. Schlägertrupps der NDP hatten die Demonstranten Anfang Februar tätlich angegriffen und einige von ihnen sogar getötet. Außerdem befürchtete die Demokratiebewegung, dass ein Weiterbestehen der NDP wegen deren Geld- und Geschäftsverbindungen dazu führen könnte, dass Teile des alten Systems schleichend restauriert werden.
Während der Proteste wurden die NDP-Zentrale in Kairo sowie die NDP-Sitze in den Provinzen in Brand gesetzt. Bis heute ist aber nicht klar, wer hinter diesen Angriffen steckte. In Kairo wurden auch keine Anstrengungen unternommen, die Flammen zu löschen, so dass das NDP-Haus völlig ausbrannte.
Auch Mubaraks Söhne in U-Haft
Als Präsident war Mubarak auch formell der Führer der NDP. Sein Sohn Gamal, der sich für eine Nachfolge des Vaters im höchsten Staatsamt ins Spiel gebracht hatte, führte das machtvollste Gremium innerhalb der Partei an, den Ausschuss für politische Strategien. Er und sein Bruder befinden sich derzeit in Untersuchungshaft. Auch gegen ihren Vater wurde zu Wochenbeginn ein Haftbefehl verhängt. Wegen Herzproblemen wird er derzeit im Krankenhaus behandelt.
Unmittelbar vor seiner Verhaftung hatte sich Mubarak in einem Spital in Sharm el-Scheikh aufgehalten. In diesem Sinai-Badeort hatte die Familie zuletzt unter Hausarrest gestanden. Am Wochenende hieß es, er sollte in ein Militärkrankenhaus 40 Kilometer östlich von Kairo gebracht werden. Ägyptische Medien veröffentlichten widersprüchliche Angaben darüber, ob dieser "Umzug" inzwischen vollzogen wurde oder nicht.
Schwere Vorwürfe gegen Regierungschef
Der frühere ägyptische Regierungschef Ahmed Nasif sowie zwei ehemalige Minister sollen wegen Korruption angeklagt werden. Wie am Sonntag aus Justizkreisen in Kairo verlautete, wird Nasif sowie dem ehemaligen Innenminister Habib Adli und Ex-Finanzminister Jussef Butros Ghali vorgeworfen, insgesamt 92 Millionen ägyptische Pfund (knapp 10,7 Millionen Euro) an Staatsgeldern veruntreut zu haben.
Unsicherheit in Israel
Unterdessen wurden in Israel Befürchtungen laut, dass die neue Führung in Kairo eine feindselige Haltung gegenüber Israel einnehmen könnte. In einem Gespräche mit Botschaftern aus EU-Ländern vor wenigen Tagen sagte Premier Benjamin Netanyahu nach Angaben der Zeitung "Haaretz": "Ich bin sehr besorgt über manche Wortmeldungen, die jüngst in Ägypten geäußert wurden". Netanyahu reagierte damit auf Stellungnahmen hoher ägyptischer Außenamts- und Regierungsvertreter, die Israel als "Feind" bezeichnet hatten. Finanzminister Samir Radwan hatte in Bezug auf israelische Investitionen in Ägypten gemeint, man brauche Investitionen des "Feindes" nicht.
Am Freitag kam es außerdem zu Demonstrationen vor der israelischen Botschaft in Kairo und dem israelischen Konsulat in Alexandria, an denen sich tausende Ägypter beteiligten. Israelische Politiker äußerten zudem die Einschätzung, dass die Kandidaten vor den für September angesetzten Wahlen mit immer schärferen anti-israelischen Parolen auf Wählerfang gehen würden.
El Baradei zufrieden
Friedensnobelpreisträger Mohammed El Baradei reagierte hat mit Genugtuung darauf, dass der frühere ägyptische Präsident Hosni Mubarak in Haft genommen wurde. "Ja, es ist wunderbar, dass die Regierung und der Militärrat (...) sich dazu durchgerungen haben", sagte ElBaradei dem deutschen Nachrichtenmagazin "Der Spiegel".
Mit Blick auf die neuen Demonstrationen auf dem Tahrir-Platz in Kairo sagte ElBaradei, es sehe so aus, dass die Militärführung, die die Macht übergangsweise übernommen hat, Druck brauche. "Das stärkt nicht gerade das Vertrauen der Bevölkerung in die Generäle, und deshalb ist die Beziehung zwischen beiden Seiten so angespannt." Aber die Militärs lernten allmählich, mit ihrer neuen Rolle umzugehen. Der Militärrat sei die einzige Institution, die in Ägypten noch ordentlich funktioniere. Er habe auch keinen Zweifel daran, dass die Generäle nach den geplanten Wahlen in die Kasernen zurückkehrten.