Fall Litwinenko

Gift-Spuren bei weiteren Putin-Feinden

27.11.2006

Die Polizei bestätigt radioaktive Substanzen an mehreren Orten in London, darunter im Büro des Milliardärs Boris Beresowski, ein Kritiker des Kremls.

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Bei den Ermittlungen zum Tod des russischen Geheimagenten und Kreml-Kritikers Alexander Litwinenko sind auch in einem Londoner Büro des russischen Milliardärs Boris Beresowski Spuren einer radioaktiven Substanz entdeckt worden. Ein Polizeisprecher sagte, Polonium 210 sei in einem Gebäude in der Grosvenor Street im Stadtteil Mayfair sowie in einem Bürogebäude in der Down Street im Westen Londons gefunden worden. Auch der italienische Kontaktmann des Ex-Spions unterzieht sich einer Kontroll-Untersuchung.

© (c) Zeitung "Österreich"

Infografik von London

Die betroffenen Personen sind Kreml-Kritiker und Milliardär Boris Beresowski, der frührere Agenten-Kollege Andrej Lugovoi und dessen Partner Dimitriy Kovtun, sowie der Spionageberater Mario Scaramella.

Gegner von Putin
Litwinenkos Freund Alexander Goldfarb bestätigte, dass es sich bei dem Gebäude in der Down Street um das Büro von Beresowski handelt, einem im Londoner Exil lebenden Gegner des russischen Präsidenten Wladimir Putin. Die Zeitung "Daily Telegraph" berichtete, in dem Gebäude in der Down Street befinde sich das Büro der privaten Sicherheitsfirma Erinys.

Spuren des radioaktiven Polonium 210 waren auch in Litwinenkos Körper nachgewiesen worden. Litwinenko war am Donnerstag unter mysteriösen Umständen gestorben. In einem Abschiedsbrief hatte er Putin direkt beschuldigt, für seinen Tod verantwortlich zu sein.

Radioaktive Strahlung
Nach dem Tod Litwinenkos wurden drei Menschen in eine britische Spezialklinik eingeliefert. Zudem stießen die Behörden in London an weiteren Orten auf Anzeichen radioaktiver Strahlung, wie Innenminister John Reid am Montag sagte. Damit könnten potenziell wesentlich mehr Menschen radioaktiver Strahlung ausgesetzt gewesen sein als bisher befürchtet. Reid betonte allerdings, es gebe keinen Anlass zur Unruhe.

Der Akademiker Mario Scaramella, jener Italiener, der Litwinenko am Tag seiner Erkrankung getroffen hat, unterzieht sich nun in London medizinischen Tests. "Er ist nach London gegangen und steht nun unter britischem Schutz."

Scaramella hat eine Kommission des italienischen Parlaments über Spionagefragen zur Zeit der Sowjetunion beraten.

Notrufnummer eingerichtet
Im Körper des früheren KGB-Agenten waren Spuren der hoch radioaktiven Substanz Polonium 210 gefunden worden. Äußerst giftige Rückstände wurden zunächst nur in Litwinenkos Wohnung entdeckt sowie in einem Restaurant und einem Hotel, in dem er sich aufgehalten hatte. Die Behörden forderten daraufhin alle Bürger auf, eine eigens eingerichtete Notrufnummer zu wählen, falls sie ebenfalls an diesen Orten waren.

Mehr als 450 Menschen meldeten sich nach Behördenangaben aus Angst um ihre Gesundheit. 18 davon werden genauer untersucht, drei von ihnen müssen in die Spezialklinik. Es handle sich um eine Vorsichtsmaßnahme, um eine Verstrahlung oder radioaktive Vergiftung der Betroffenen mit Sicherheit ausschließen zu können, sagte eine Sprecherin der Gesundheitsschutzbehörde HPA.

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