Libanon
Große Anteilnahme an Ghanem-Begräbnis
20.09.2007
Tausende Menschen waren bei der Beerdigung des ermordeten Politikers. Drusenführer Joumblatt sieht Syrien hinter dem Anschlag.
Unter großer Anteilnahme der libanesischen Bevölkerung haben am Freitag die Trauerfeierlichkeiten für den ermordeten antisyrischen Parlamentsabgeordneten Antoine Ghanem begonnen. In der Hauptstadt Beirut wurde der Trauerzug von dem Drusenführer und Chef der zur Regierungsmehrheit gehörenden Sozialistischen Fortschrittspartei (PSP) Walid Joumblatt angeführt. Joumblatt beschuldigte Syrien, hinter dem Attentat auf den 64-jährigen Politiker der rechtsgerichteten christlichen Falange-Partei zu stecken. Die Trauernden wollten zeigen, dass sie sich nicht einschüchtern ließen. An dem Trauergottesdienst in der maronitischen Sacré-Coeur-Kirche nahmen auch Botschafter westlicher Staaten teil
Wahltermin bleibt
Die libanesische Regierung will auch nach dem
jüngsten Mordanschlag auf einen antisyrischen Abgeordneten an der Wahl des
neuen Staatspräsidenten durch das Parlament in der kommenden Woche
festhalten. Ministerpräsident Fouad Siniora erklärte am Donnerstag in
Beirut, das Land werde sich nicht dem Terror beugen. Die Einberufung des
Parlaments, das am 25. September als Wahlkollegium zusammentreten soll,
bleibe aufrecht, gab ein Kabinettssprecher bekannt. Die Amtszeit von
Staatspräsident Emile Lahoud endet am 24. November.
Wichtige Wahl
Informationsminister Ghazi Aridi erklärte nach
einer Sondersitzung des Ministerrates, die Präsidentenwahl werde zum
festgelegten Zeitpunkt in Übereinstimmung mit den Verfassungsregeln
durchgeführt. "Der Terrorismus bestärkt uns in unserer
Entschlossenheit, den Sieg der Terroristen zu verhindern", so Aridi. Er
verwies auf die Erklärung der maronitischen Bischöfe, wonach das "Schicksal
der libanesischen Nation" von der Präsidentenwahl abhänge. Unter dem
Vorsitz des Patriarchen Kardinal Nasrallah Boutros Sfeir hat die
Bischofskonferenz an alle Parlamentsmitglieder eindringlich appelliert, die
Wahl nicht zu boykottieren, denn der Libanon befinde sich "am Rande des
Abgrunds". Die Maroniten als größte christliche Gemeinschaft stellen
auf Grundlage des "Nationalpakts" von 1943, der den
Konfessionsproporz festlegt, den libanesischen Staatspräsidenten.
Bush verurteilt Anschlag
US-Präsident George W. Bush verurteilte
am Mittwoch in Washington den "feigen Anschlag" auf Antoine
Ghanem, gleichzeitig warf er Syrien und dem Iran ein gezieltes Untergraben
der Souveränität des Libanons vor. Der "entsetzliche Mord"
füge sich in ein "tragisches Muster" von Attentaten gegen die
Anhänger eines unabhängigen und demokratischen Libanons. Auch
UN-Generalsekretär Ban Ki-moon verurteilte aufs Schärfste den Anschlag, der
sich nur wenige Tage vor den Präsidentschaftswahlen ereignete.
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Bush sagte den Libanesen Unterstützung im Kampf gegen Syrien, Iran und ihre Verbündeten zu, die den Libanon destabilisieren und seine Souveränität untergraben wollten. Versuche, die Libanesen an der Ausübung ihrer demokratischen Rechte bei der Wahl eines Präsidenten zu hindern, würden die USA nicht tolerieren, betonte Bush. US-Außenministerin Condoleezza Rice forderte in Jerusalem, die Wahlen im Libanon müssten ohne die "Drohung der äußeren Einmischung" und die damit einhergehende Gewalt stattfinden. Der Anschlag sei ein weiterer Akt einer "Terrorkampagne" mit dem Ziel, die Uhr im Libanon nach hart erkämpften demokratischen Fortschritten zurückzudrehen.
Syrien wies Verwicklung zurück
Syrien wies jegliche
Verwicklung in den Anschlag zurück, die Regierung in Damaskus sprach von
einem "kriminellen Akt". Bei dem Autobombenanschlag in einem von
Christen bewohnten Viertel der Hauptstadt Beirut waren neben dem
Syrien-Kritiker Ghanem fünf weitere Menschen getötet und mehr als 50
verletzt worden.
UNO-Generalsekretär Ban
Auch UNO-Generalsekretär Ban zeigte
sich schockiert über die Ermordung Ghanems. Der "terroristische
Angriff" ziele auf die Destabilisierung Libanons. Ban rief alle Bürger
des Landes zur Fortsetzung des Dialogs auf. Der libanesische
Ministerpräsident Fouad Siniora rief Ban auf, eine internationale
Untersuchung des Anschlags einzuleiten. Der Parlamentarier ist seit der
Ermordung des ehemaligen Ministerpräsidenten Rafik Hariri im Jahr 2005
bereits der achte anti-syrische Politiker, der einem Anschlag zum Opfer
fällt.
Machtkampf
Nach dem Tod Ghanems sind von den 127 Abgeordneten
des Beiruter Parlaments nun noch 68 der anti-syrischen Mehrheit zuzurechnen.
Die Delegierten müssen ab dem 25. September über den Nachfolger des
pro-syrischen Staatschefs Emile Lahoud entscheiden, dessen Mandat am 24.
November abläuft. Bereits seit Monaten liefern sich die pro-westliche
Regierung Sinioras und die pro-syrische Opposition einen erbitterten
Machtkampf.