In einer Videobotschaft richtete sich der Hisbollah-Chef Nasrallah an seine Anhänger.
Nach dem tödlichen Anschlag auf einen ihrer Anführer droht die libanesische Schiitenbewegung Hisbollah Israel mit Krieg. "Zionisten, wenn Ihr diese Art von offenem Krieg wollt, dann soll es die ganze Welt hören: Lasst uns offen Krieg führen", rief der per Video zugeschaltete Hisbollah-Chef Hassan Nasrallah am Donnerstag Zehntausenden Anhängern zu, die sich zur Beerdigung von Imad Moughniyah im Süden Beiruts versammelt hatten. Israel hat bestritten, für den Bombenanschlag auf den wegen terroristischer Aktionen auch von den USA gesuchten Extremisten in Damaskus verantwortlich zu sein.
"Israels Kriminelle Operationen"
Der iranische
Außenminister Manouchehr Mottaki verlas während der Beisetzungszeremonie
eine Botschaft von Präsident Mahmoud Ahmadinejad, der "kriminelle
Operationen" Israels für den Anschlag verantwortlich machte. Im Iran
hat der oberste geistliche Führer Ayatollah Ali Khamenei den toten
Hisbollah-Anführer zum "großen Märtyrer"
proklamiert. In einer über den staatlichen Rundfunk verbreiteten Botschaft
geißelte Khamenei die "blutrünstigen zionistischen Verbrecher, die
wissen müssen, dass Moughniyas Märtyrertum die Geburt von Hunderten von
weiteren Märtyrern bedeutet". Syriens Regierung verurteilte den
Anschlag als "terroristischen und feigen Akt".
Israel versetzte Botschaften in Alarmbereitschaft
Wegen der vom
Iran und der palästinensischen Hamas-Bewegung unterstützten Racheschwüre der
Hisbollah versetzte Israel seine Botschaften weltweit in Alarmbereitschaft.
Zudem verstärkte es seine Einheiten an der Grenze zum Libanon. Israel wisse,
was es angesichts der Umstände zu tun habe, betonte Sicherheitsminister Avi
Dichter im Radio. Nasrallah hatte Israel für den Fall einer weiteren
Libanon-Offensive zuletzt einen Krieg in Aussicht gestellt, der die
Nahost-Region "völlig verändern" würde. Die Hisbollah
hatte die 34-tägige israelische Libanon-Offensive im Sommer 2006 mit der
Gefangennahme von zwei israelischen Soldaten provoziert und 4000 Raketen auf
Nordisrael abgefeuert. Die schiitische Miliz ging aus dem Konflikt mit mehr
als 1200 libanesischen und 160 israelischen Toten politisch gestärkt hervor.
Nach Einschätzung des israelischen Militärgeheimdienstes sind die
Kapazitäten der Hisbollah jetzt stärker als vor der israelischen
Großoffensive. Verteidigungsminister Ehud Barak hatte vor einem
Parlamentsausschuss in Jerusalem erklärt, die vom Iran unterstützte Miliz
verfüge heute über deutlich mehr Waffen als vor dem 34-Tage-Krieg.
Libanesen gedenken Hariri
Hunderttausende Libanesen hatten zuvor
bei strömendem Regen im Zentrum von Beirut der Ermordung ihres früheren
Regierungschefs Rafik Hariri vor drei Jahren gedacht. Die Chefs der
antisyrischen Mehrheitskoalition riefen zur sofortigen Abhaltung der bereits
14 Mal verschobenen Präsidentenwahl auf. Hariris "Märtyrerblut"
werde "die Despoten vernichten", sagte der Drusenführer und Chef
der Sozialistischen Fortschrittspartei, Walid Joumblatt, der an der Seite
von Hariris Sohn Saad die Demonstranten anführte. Rafik Hariri war am 14.
Februar 2005 zusammen mit 22 weiteren Personen in Beirut Opfer eines
Bombenattentats geworden. Als Drahtzieher werden syrische Geheimdienstkreise
vermutet. Der Mord löste anhaltende Massenproteste - die "Zedernrevolution"
- aus, Syrien musste daraufhin seine Militärpräsenz als Ordnungsmacht in dem
kleinen Nachbarland nach fast drei Jahrzehnten beenden.
Libanons ständig verschobene Wahlen
Der Libanon steckt seit
Monaten in einer schweren Krise und ist seit dem Ende der Amtszeit von
Präsident Emile Lahoud im November ohne Staatsoberhaupt. Die Wahl des neuen
Präsidenten wurde am vergangenen Wochenende zum 14. Mal (auf Ende Februar)
verschoben. Zwar haben die verfeindeten Lager der Konsenskandidatur von
Armeechef General Michel Sleimane grundsätzlich zugestimmt, doch verlangt
das von Syrien unterstützte Oppositionsbündnis, zu dem sich die christliche "Freie
Patriotische Bewegung" (CPL) von Ex-General Michel Aoun, die
schiitischen Parteien Hisbollah und Amal sowie kleinere pro-syrische
Parteien zusammengeschlossen haben, noch vor Durchführung der Wahl im
Parlament ein Abkommen über eine Machtteilung im Rahmen einer
Allparteienregierung. Die Opposition will mit einer Sperrminorität
erreichen, dass sie nicht von der Mehrheit überstimmt werden kann.