Heuer 12.000 Fälle
Immer mehr rechtsextreme Straftaten in Deutschland
28.12.2008
Bis Ende Oktober wurden knapp 12.000 Delikte mit rechtsradikalem Hintergrund registriert - fast 30 Prozent mehr als im Vorjahr.
Rechtsextremistische Straftaten in Deutschland nehmen dramatisch zu. Bis Ende Oktober wurden 11.928 Delikte mit rechtsextremem Hintergrund registriert - fast 30 Prozent mehr als im Vorjahreszeitraum. In den ersten zehn Monaten 2007 waren 9.206 solche Delikte gezählt worden.
Andere Zählung
Laut Innenministerium erklärt sich die starke
Zunahme mit einer Änderung der Statistik. Seit Jahresanfang werden sämtliche
Propaganda-Delikte erfasst, auch wenn kein Täter ermittelt werden kann. Dazu
gehören etwa Hakenkreuz-Schmierereien. Der Ministeriumssprecher warnte vor
voreiligen Schlüssen. Seriöse Betrachtungen könnten erst angestellt werden,
wenn die Zahl für das gesamte Jahr 2008 inklusive aller Nachmeldungen
vorliegt.
Für 2007 registrierten die Polizeibehörden insgesamt 17.607 rechtsextremistisch motivierte Straftaten. Im Vergleich zum Vorjahr (2006) war das ein Rückgang von 2,9 Prozent. Die Zahl der rechtsextremen Gewaltdelikte war sogar um 5,5 Prozent zurückgegangen. Die Länder haben jeweils bis Ende Jänner Zeit, Delikte nachzumelden. Deshalb liegt die Jahreszahl immer erst im Frühjahr vor.
NPD streitet um neuen Chef
Unterdessen berichtet "Der Spiegel"
von einem Machtkampf um die Führung der rechtsextremen NPD. Gegen den
bisherigen Parteichef Udo Voigt solle Andreas Molau kandidieren. Darauf
hätten sich die Vorsitzenden der NPD-Landtagsfraktionen in Sachsen und
Mecklenburg-Vorpommern, Holger Apfel und Udo Pastörs, geeinigt.
Keine Spur im Fall Mannichl
Gut zwei Wochen nach dem Mordanschlag
auf den Passauer Polizeichef Alois Mannichl gehen die Ermittlungen nur
schleppend voran. Ein tagelang gesuchter potenzieller Zeuge, der in der Nähe
von Mannichls Haus mit einem Kinderwagen unterwegs war, ist inzwischen
namentlich bekannt, wurde aber noch nicht angetroffen und befragt. Der Täter
wird im rechtsextremen Milieu vermutet. Laut "Focus" steht die 50-köpfige
Sonderkommission der Passauer Polizei vor der Auflösung.
LKA statt Fürstenzell
Insgesamt sind bisher rund 250
Hinweise bei der Soko "Fürstenzell" eingegangenn. Eine heiße Spur ist aber
nicht dabei. Die Bluttat wurde möglicherweise von einem Rechtsextremisten
verübt - darauf hatte die Polizei aus Beschreibungen Mannichls geschlossen.
Angeblich soll sich eine vom LKA geleitete neue Ermittlungsgruppe des Falles
annehmen. Die LKA-Beamten sollen noch einmal "bei Null" beginnen und in
wirklich alle Richtungen ermitteln.
Neonazis greifen Polizei an
Laut Polizei-Gewerkschaft greifen
gewaltbereite Neonazis zunehmend Polizisten an. "Das ist eine neue
Strategie", so der Gewerkschaftschef. "Rechtsextreme müssen sich beobachtet
fühlen." Das könnten die Länderpolizeibehörden derzeit aber nicht leisten,
weil Personal eingespart und auch zur Terrorbekämpfung abgezogen worden sei.
Freiberg fordert besonders mehr Internet-Ermittler gegen Rechtsextreme.
Mannichl, der den Täter als großen Mann mit Glatze oder sehr kurzen Haaren sowie einem Leberfleck oder eine Tätowierung am Hals beschreibt, war am 13. Dezember an seiner Haustür niedergestochen worden. Seitdem wurden vier Menschen festgenommen, unter ihnen ein Paar aus München, das zur rechtsradikalen Szene gerechnet wird. Alle Festgenommenen mussten aber wieder auf freien Fuß gesetzt werden, da sich ein Tatverdacht nicht erhärtete. Mannichl ist am Weg der Besserung.