UNO-Bilanz
Irak: 2006 35.000 Zivilisten getötet
16.01.2007
"Ohne Fortschritte bei der Rechtsstaatlichkeit wird die religiös motivierte Gewalt weitergehen und außer Kontrolle geraten", meint die UNO.
Im Irak sind nach Angaben der Vereinten Nationen allein im vergangenen Jahr fast 35.000 Zivilpersonen getötet worden. Der Chef der UN-Mission im Irak (UNAMI), Gianni Magazzeni, gab die Zahl der Opfer am Dienstag mit 34.452 an, weitere 36.685 Zivilpersonen seien 2006 verwundet worden. Die Zahlen beruhen laut Magazzeni auf Informationen des irakischen Gesundheitsministeriums sowie von Krankenhäusern und Behörden im gesamten Land. Neue Anschläge und Gewalttaten haben am Dienstag im Irak erneut zahlreiche Menschenleben gefordert.
Bei einem verheerenden Terroranschlag vor der Bagdader Universität starben mindestens 65 Studenten und Lehrkräfte. Fast 140 weitere Menschen wurden nach Angaben von Sicherheitskräften verletzt, berichtete der Nachrichtensender Al-Arabiya unter Berufung auf Krankenhausärzte. Insgesamt wurden bei der folgenschwersten Serie von Anschlägen seit Beginn dieses Jahres an diesem Dienstag binnen weniger Stunden etwa 80 Menschen getötet.
Erschreckende Zahlen
"Ohne deutliche Fortschritte bei der
Rechtsstaatlichkeit wird die religiös motivierte Gewalt endlos weitergehen
und schließlich außer Kontrolle geraten", sagte Magazzeni. Im
November und Dezember seien 6.367 Menschen getötet und mindestens 6.875
verletzt worden, fast 5.000 Menschen starben allein in Bagdad. Die meisten
seien ihren schweren Schusswunden erlegen. Magazzeni verwies auf einen
leichten Rückgang der Zahlen im Vergleich zu den beiden vorangegangenen
Monaten, als nach Angaben von UNAMI insgesamt 7.047 Zivilpersonen ums Leben
kamen.
Die UN-Mission gab als Grund für die Gewalt die zahlreichen Morde aus Rache und die mangelnde Strafverfolgung der Täter an. Insgesamt wachse im Land der Eindruck, dass Menschenrechtsverstöße nicht bestraft würden. Unter Berufung auf das irakische Innenministerium erklärte UNAMI, seit Kriegsbeginn 2003 seien im Irak 12.000 Polizisten getötet worden. Mindestens 470.000 Menschen seien innerhalb der Landesgrenzen auf der Flucht. Dem Bericht zufolge sind derzeit fast 31.000 Iraker inhaftiert, die meisten von ihnen sind Sunniten und werden ohne Anklage festgehalten.
In einer ersten Reaktion auf den UN-Bericht nannte der britische Premierminister Tony Blair den Tod unschuldiger Zivilisten "tragisch". Es seien nicht die britischen oder US-Soldaten, die für den Tod dieser Menschen verantwortlich seien, sondern gewaltbereite Extremisten.
Neue Anschläge fordern Tote
Bei der Explosion zweier Bomben
in der Innenstadt von Bagdad wurden am Dienstag mindestens 15 Menschen
getötet und 74 weitere verletzt. Wie die Polizei mitteilte, detonierten die
Sprengsätze im Abstand von fünf Minuten auf einem Markt. Die erste Bombe war
an einem Motorrad befestigt. Als Schaulustige sich um den Ort der Explosion
versammelten, fuhr ein Selbstmordattentäter mit seinem Wagen in die
Menschenmenge und zündete seine Autobombe. Unter den Toten sind offiziellen
Angaben zufolge mindestens drei Polizisten.
Eine weitere Bombe explodierte in einem Bus im Bagdader Schiitenviertel Sadr-City. Dabei starben laut Sicherheitskräften vier Menschen, zehn weitere wurden verletzt. Ein weiterer Sprengsatz explodierte in der Nähe einer Polizeipatrouille in Bagdad und kostete vier Menschen das Leben. In Mossul wurden zwei Menschen erschossen. Der Vorsitzende des parlamentarischen Komitees für Erziehung und Bildung, Alaa Mekki, berichtete unterdessen, Bewaffnete hätten am Montag den Vizepräsidenten der Technischen Universität Bagdad, Abdul Samia al-Janabi entführt.