Grün-Politiker im Krieg

Irak: "Hier wird ein Volk ausgerottet"

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Der grüne EU-Abgeordnete ist im Nordirak und begleitet die Hilfsaktion für die Jesiden.

„Hier wird ein Volk ausgerottet.“ So drastisch berichtet der grüne EU-Abgeordnete Michel Reimon von der Lage der Jesiden im Irak.

Er begleitet die internationale Hilfsaktion für die religiöse Minderheit vor Ort, obwohl er erst ab Oktober offiziell zuständig ist. „Das kann aber keine Ausrede sein, nichts zu tun“, sagt er gegenüber ÖSTERREICH. Per Helikopter flog er mit in das Sindschar-Gebirge, wo die Jesiden von IS-Terroristen eingekesselt wurden. Auf You­tube und Facebook dokumentiert er seine Reise, um die Öffentlichkeit auf den Genozid aufmerksam zu machen.

Flüchtlinge schutzlos bei 45 Grad ohne Trinkwasser
Zu Zehntausenden harren die Flüchtlinge noch immer in den nordirakischen Bergen aus. Derzeit gibt es kein Entkommen – weder vor den Dschihadisten noch vor den widrigen Bedingungen dieses unwirtlichen Landstreifens. 45 Grad hat es dort im August.

Helikopter mit Hilfsgütern abgestürzt, Pilot getötet
Am Dienstag stürzte ein Hubschrauber der irakischen Armee, die die Jesiden mit Hilfsgütern versorgt, wegen eines technischen Defektes ab. Dabei kam der Pilot ums Leben, zwanzig weitere Passagiere wurden verletzt.

Außenminister reagiert auf Reimons Hilfsappell
Reimon nahm auch Österreich in die Pflicht, forderte Außenminister Kurz zum Handeln auf. Das Außenministerium reagierte am Dienstag auf Reimons drastischen Appell in der ZiB 2. Eine Mio. Euro werden ausgezahlt. Ein erster Schritt, so Reimon: „Eine Million ist, in Wasser umgesetzt, sehr viel.“

Erik Kühnelt

Michel Reimon: "IS führt einen Guerilla-Krieg"

ÖSTERREICH: Herr Reimon, wie ist die Lage der Jesiden?
MICHEL Reimon: Nachts mussten die Leute packen, um IS zu entkommen. Sie sind so weit ins Gebirge gefahren wie möglich, dann zu Fuß weiter. Wer ein Tuch hat, kann ein Zelt impro­visieren. Aber die Gegend ist unwirtlich und extrem heiß. Die Jesiden leben von der Hand in den Mund – die Hilfe per Helikopter kann nur wenig davon lindern.

ÖSTERREICH: Wie sehr hilft Österreichs Soforthilfe?
Reimon: Es ist ein notwendiger erster Schritt, weitere müssen folgen. Eine Million ist, in Wasser umgesetzt, aber schon sehr viel.

ÖSTERREICH: Wie viele IS-Kämpfer sind in der Gegend?
Reimon: Schätzungen zufolge sind es 20.000 – we­niger als Kurdenkämpfer. Sie sind extrem bewaffnet. Sie führen einen Guerilla-Krieg: Rückt man gegen sie vor, ziehen sie sich zurück.

ÖSTERREICH: In welcher Rolle sind Sie in den Irak gereist?
Reimon: Ich bin Teil der EU-Delegation an das irakische Parlament, aber die Reise mache ich in Eigenregie. Denn die Delegationen beginnen ihre Arbeit im Oktober – das Massaker ist aber jetzt. Ich versuche, das Thema bekannt zu machen.

ÖSTERREICH: Wann kehren Sie nach Europa zurück?
Reimon: Ich hatte einen Donnerstag-Flug gebucht, doch die AUA hat alle Flüge gestrichen. Jetzt versuche ich jeden Abend, auf die Warteliste für einen anderen Flug zu kommen.

(küe)

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