Bei Irak-Besuch
Irakischer Reporter bewarf Bush mit Schuhen
14.12.2008
Der scheidende US-Präsident machte einen Überraschungsbesuch im Irak, dort wurde er nicht gerade herzlich empfangen.
Ein irakischer TV-Reporter hat US-Präsident George W. Bush am Sonntag auf arabisch als "Hund" beschimpft. Zugleich versuchte er, Bush mit seinen Schuhen zu bewerfen, verfehlte sein Ziel aber. Bush war zu einem Abschiedsbesuch in Bagdad und stellte sich auf einer Pressekonferenz mit dem irakischen Ministerpräsidenten Nuri al-Maliki Journalistenfragen. "Das ist Dein Abschiedskuss, Du Hund! Das ist von den Witwen, den Waisen und all denen, die im Irak getötet wurden!"
Unrein
Schuhe gelten im Islam als unrein, so müssen sie beim
Betreten einer Moschee immer ausgezogen werden. Jemanden mit Schuhen zu
bewerfen, ist daher eine ganz besonders schlimme Form, Verachtung zu
bekunden. Nach dem Sturz des irakischen Machthabers Saddam Hussein im April
2003 gingen Bilder um die Welt, wie Iraker mit Schuhen auf dessen Statue
einschlugen.
Bush fühlte sich nicht gestört
Sicherheitsbeamte
brachten den um sich schlagenden und schreienden Mann aus dem Raum. Bush bat
um Ruhe und sagte: "Das stört mich nicht." Später meinte er
zu Journalisten, er habe "sich nicht im Mindesten bedroht gefühlt".
Er wird zu einer Art "Volksheld"
Der Journalist ist
dadurch für einige seiner Landsleute zum Helden geworden. "Wir
gratulieren ihm zu seinem mutigen Auftreten", erklärte die
regierungskritische irakische Nachrichtenagentur INA. Der sunnitische Rat
der Religionsgelehrten sprach von einem "historischen Moment", in
dem Bush und der Weltöffentlichkeit gezeigt worden sei, "was die
Iraker von der Besatzung halten".
Der private irakische TV-Sender Al-Bagdadiya fordert unterdessen die Freilassung des irakischen Reporters. Al-Bagdadiya bitte die iranischen Behörden um die sofortige Freilassung ihres Kollegen Montasser al-Said, ließ der Fernsehsender verlautbaren. Gleichzeitig hat die regierungskritische irakische Nachrichtenagentur INA eine Solidaritäts-Internetkampagne ins Leben gerufen, um den verhafteten Journalisten zu unterstützen.
Großes Lob für den Schuhwerfer
Die Familie des
irakischen Journalisten hat am Montag Gratulationen von begeisterten
Irakern entgegengenommen. "Mein Onkel ist ein Held", sagte ein Kind aus der
Familie von Montasser al-Saidi, während der arabische TV-Sender Al-Dschasira
die Gratulanten filmten. Dabei hielt der Neffe des Journalisten stolz ein
Paar Schuhe seines Onkels vor die Kamera.
Schuhe sollen versteigert werden
Laut Al-Arabiya will ein 60
Jahre alter Mann aus Saudi-Arabien Geld sammeln, um die "Schuhe der
Freiheit" zu ersteigern. In den Hochburgen des radikalen Schiiten-Predigers
Muktada al-Sadr im Irak demonstrierten am Montag Hunderte gegen den
Bush-Besuch und für den Schuhwerfer. Einige von ihnen hielten dabei alte
Schuhe in die Höhe.
Foto: (c)
AP
Schuh wird zum Symbol des Widerstandes
Ein offenes Ohr fand der
Schuhwerfer, der irakische Fernsehjournalist Montasser al-Saidi, zweifellos
auch im Bagdader Armenviertel Sadr City, der Hochburg des radikalen
schiitischen Predigers Muktada al-Sadr. Dessen Anhänger zogen am Montag zu
Tausenden durch die Straßen und forderten die Freilassung al-Seidis, der
nach dem Zwischenfall festgenommen wurde. "Bush, Bush, hör gut zu: Auf
Deinen Kopf zwei Schuh!", skandierten sie in Sprechchören.
Schuh-Größe 44
Der US-Präsident selbst spielte den
Vorfall herunter. "Ich bin sehr gut im Ausweichen, wie Ihr bestimmt
schon gemerkt habt", scherzte er vor Journalisten. "Und Euren
Fragen werde ich auch ausweichen." Zu den Schuhen selbst merkte er an: "Sie
waren Größe 44." Etwas ernster fügte Bush hinzu: "Es
war einfach ein sehr bizarrer Augenblick, aber ich habe während meiner
Präsidentschaft schon andere bizarre Momente erlebt."
Schlechtes Ansehen nach Irak-Krieg
Der US-geführten Invasion im
Irak im Jahr 2003 folgten Jahre des Blutvergießens zwischen den
verschiedenen ethnischen und konfessionellen Gruppen im Irak mit
Zehntausenden Opfern. Der Krieg schädigte das Ansehen des Präsidenten und
der USA nachhaltig. Bush verteidigt den Sturz des irakischen Präsidenten
Saddam Hussein allerdings auch wenige Wochen vor dem Ausscheiden aus dem
Präsidentenamt.
Übereinkunft zu US-Truppenabzug 2011
Der US-Fernsehsender
CNN meldete unter Berufung auf das Weiße Haus, unmittelbarer Anlass für den
Besuch Bushs sei das Sicherheitsabkommen mit dem Irak, das vor drei Wochen
vom irakischen Parlament verabschiedet wurde. Die Übereinkunft sieht einen
Abzug der US-Truppen bis 2011 vor. Zugleich handelt es sich um den
Abschiedsbesuch des scheidenden US-Präsidenten.
Foto:(c)
Reuters
Weiterflug nach Afghanistan
In Kabul betonte er am Montag nach
einem Treffen mit dem afghanischen Präsidenten Hamid Karzai die Fortschritte
des Landes seit dem US-geführten Einmarsch vor sieben Jahren. Fünf Wochen
vor dem Ende seiner Amtszeit sagte Bush aber auch, Afghanistan stünden noch "schwere
Tage" bevor. Am Sonntagabend hatte er vor US-Soldaten am Flughafen in
Bagdad gesagt, den Truppen sei es zu verdanken, dass der Irak heute "wesentlich
freier, wesentlich sicherer und wesentlich besser dran ist" als zu
Beginn seiner Amtszeit vor acht Jahren.
Bush sagte am Montag in Kabul, auch die Bedingungen in Afghanistan seien "viel besser, als sie es 2001 waren". Damals hätten "amerikanische Truppen mit Stolz das afghanische Volk befreit". Die radikalislamischen Taliban versuchten nun, an die Macht zurückzukehren. "Sie können den Gedanken einer freien Gesellschaft nicht ertragen." Die USA würden Afghanistan zum Erfolg verhelfen, "egal, wie lange es dauert". Daran hätten die USA ein strategisches und moralisches Interesse. Die Sicherheitslage in Afghanistan hat sich in den vergangenen Jahren dramatisch verschlechtert.