Der Wächterrat stellte fest, dass es in manchen Städten mehr Wähler als Wahlberechtigte gab. Der Oppositionsführer Moussavi ruft währenddessen zu weiteren Protesten auf.
Der Iran schließt angesichts der Kritik des Westens am Vorgehen Teherans nach der umstrittenen Präsidentenwahl die Ausweisung europäischer Diplomaten nicht aus. Außenamtssprecher Hassan Ghashghavi sagte am Montag in Teheran, über diese drastische Maßnahme werde derzeit in seinem Haus sowie im Parlament beraten. Außenminister Manoucher Mottaki werde deswegen im Laufe des Tages mit dem zuständigen Parlamentsausschuss sprechen.
Kein Kommentar des Westens erwünscht
Die iranische
Regierung bezeichnet die Wiederwahl des ultrakonservativen Präsidenten
Mahmud Ahmadinejad als innere Angelegenheit und hat sich jeglichen Kommentar
des Westens verbeten. Parlamentspräsident Ali Larijani hatte am Sonntag eine
Überprüfung der Beziehungen vor allem zu Großbritannien, Deutschland und
Frankreich gefordert, den drei Staaten, die im Streit um das iranische
Atomprogramm die Verhandlungen für die EU führen.
Unregelmäßigkeiten bestätigt
Der Wächterrat hat
Unregelmäßigkeiten bei den Wahlen am 12. Juni im Iran festgestellt. Wie der
iranische Fernsehsender Press TV am Sonntag auf seiner Internetseite
berichtete, habe es in 50 Städten mehr Wähler als Wahlberechtigte gegeben.
Der Sprecher des Wächterrats sagte im Fernsehsender IRIB, die
Unregelmäßigkeiten beträfen mehr als drei Millionen Stimmen. Es müsse jedoch
noch geprüft werden, ob diese Stimmen für den umstrittenen Wahlausgang
entscheidend gewesen seien, betonte der Sprecher. An dem Urnengang hatten
sich 85 Prozent der rund 46 Millionen Wahlberechtigten beteiligt.
Das mächtige Kontrollgremium des Wächterrats hatte infolge der Massenproteste gegen das Wahlergebnis, laut dem Präsident Mahmoud Ahmadinejad bereits im ersten Wahlgang im Amt bestätigt wurde, eine "stichprobenartige" Neuauszählung von zehn Prozent der Stimmen angekündigt. Ahmadinejad erhielt nach offiziellen Angaben fast 63 Prozent der Stimmen, der Oppositionskandidat Mir-Hossein Moussavi kam lediglich auf knapp 34 Prozent.
Mehrere Tote
Das Wahlergebnis hatte Massenproteste ausgelöst.
Beim harten Durchgreifen von Polizei und dem Präsidenten nahe stehende
Basiji-Milizen wurden nach offiziellen Angaben allein am Samstag mindestens
10 Menschen getötet, Hunderte verletzt und mehr als 450 festgenommen. Die
Konfrontation zwischen beiden Lagern hatte sich weiter zugespitzt, als sich
der oberste Führer des Landes, Ayatollah Ali Khamenei, am Freitag eindeutig
hinter Ahmadinejad gestellt und Wahlfälschung in großem Stil ausgeschlossen
hatte.
Neue Proteste trotz Drohungen
Auf den Straßen von Teheran haben
sich am Montag trotz strikter Verbote und Drohungen der Staatsmacht erneut
Hunderte Demonstranten versammelt. Das berichteten Augenzeugen sowie
arabische TV-Sender. Das Lager des unterlegenen Präsidentschaftskandidaten
Mir-Hossein Moussavi hatte für Montag zu einer Trauerkundgebung auf den
Straßen aufgerufen.
Als Zeichen der Anteilnahme für die Toten der Proteste der vergangenen Tage sollten Autofahrer in der Stunde zwischen 17.00 Uhr und 18.00 Uhr (14.30 und 15.30 Uhr MESZ) ihre Autoscheinwerfer einschalten. Die Moussavi-Anhänger wollen am Montag auch schwarze Kerzen mit grünen Bändern tragen.
Revolutionsgarden wollen mit Härte vorgehen
Zuvor hatten die
Revolutionsgarden auf ihrer Internetseite Demonstranten mit Härte gedroht.
"In der gegenwärtig angespannten Lage ... werden die Garden Randalierern und
Gesetzesbrechern entschlossen in revolutionärer Weise entgegentreten." Man
werde nicht zögern, sich unerlaubten Demonstrationen von geschlagenen
Präsidentschaftskandidaten entgegenzustellen, hieß es mit Verweis auf
Moussavi.