Die isländische Ministerpräsidentin, die Sozialdemokratin Johanna Sigurdardottir hat am Sonntag gemeinsam mit ihren Koalitionspartnern, den Links-Grünen, die neue Regierungsmannschaft vorgestellt.
In ihrem Kern bleibt die vor den vorgezogenen Parlamentswahlen vom 25. April als Minderheitsregierung geführte Regierung gleich. Die Frage darüber, wann das Parlament über die Antragstellung für einen EU-Beitritt abstimmen soll, bleibt zwar offen, Sigurdardottir kündigte aber an, die Entscheidung solle "bald" gefällt werden, jedenfalls bis Juli.
Regierungschefin Sigurdardottir bleibt ebenso im Amt wie ihr Parteikollege Össur Skarphedinsson als Außenminister und Grünen-Chef Steingrimur Sigfusson als Finanzminister. Die Anzahl der Kabinettsmitglieder wurde von bisher zwölf auf neun reduziert. Einziges neues Regierungsmitglied ist die Sozialdemokratin Katrin Juliusdottir, die neue Arbeitsministerin wird. Ihr Ressort war bisher ins Außenministerium integriert.
100-Tage-Programm
Als ihre Hauptaufgabe definierte die rot-grüne
Regierung in Reykjavik die Stabilisierung des Staatshaushalts in den
kommenden vier Jahren. Dies soll durch ein umfangreiches
Arbeitsplatzschaffungs- und Innovationsprogramm geschehen. Die Regierung
erneuerte auch ihr Bekenntnis, die Auflagen des Internationalen
Währungsfonds bei den Strukturreformen einzuhalten. Die dringlichsten
Bereiche der Wirtschaftsreformen werden in einem im Detail noch nicht
veröffentlichten 100-Tage-Programm beschrieben.
EU-Beitrittsansuchen
Für den angekündigten Gesetzesvorschlag zu
dem von den Sozialdemokraten angestrebten EU-Beitrittsansuchen Islands gibt
es weiterhin kein festes Datum. In der von der erneuerten Koalition am
Sonntag veröffentlichten Regierungserklärung ist lediglich festgehalten,
dass das Außenministerium einen derartigen Antrag ausarbeiten wird. Das
Parlament solle "im Laufe der Sommer-Sitzungsperiode" darüber entscheiden,
heißt es in dem Papier. Ministerpräsidentin Sigurdardottir präzisierte, dies
solle "bald" geschehen. Ihre Partei bestehe darauf, dass die Abstimmung noch
vor Juli erfolgt und gegebenenfalls ein EU-Beitrittsansuchen nach Brüssel
geschickt wird.
Links-Grünen dagegen
Die Links-Grünen sind weiterhin gegen
einen EU-Beitritt Islands und wollten bisher nicht einmal mit Brüssel
darüber verhandeln. Vergangene Woche war durchgesickert, dass die
Sozialdemokraten und die Grünen das leidige Thema dem Parlament überlassen
wollen. Innerhalb der Sozialdemokraten herrscht ebenfalls Uneinigkeit
darüber wie rasch man mit Brüssel mit Verhandlungen beginnen soll. Im
Parlament sind jene Parteien, die Verhandlungen mit der EU über einen
Beitritt aufnehmen wollten, in der Mehrheit.
Island ist Mitglied der NATO und des Europäischen Wirtschaftsraums (EWR). Es hat den Großteil der EU-Gesetzgebung übernommen. Wesentliche Ausnahmen sind die Fischerei und die Landwirtschaft. Im vergangenen Herbst wurde die Nordatlantikinsel mit ihren 320.000 Einwohnern als erstes europäisches Land von der internationalen Finanzkrise erfasst und geriet an den Rand des Staatsbankrotts. In der Folge wechselten nach anhaltenden Bürgerprotesten sowohl Regierung als auch Notenbankspitze. |