Einige Hamas-Gebäude und eine Klinik wurden im Westjordanland von israelischen Soldaten geschlossen. Der Gefangenenaustausch rückt aber näher.
Israelische Soldaten haben im Westjordanland drei Einrichtungen einer mit der Hamas verbundenen Wohltätigkeitsorganisation und eine Klinik im Westjordanland geschlossen. Augenzeugen zufolge beschlagnahmten die Truppen bei der Aktion am Montag in Nablus Computer, Dokumente, Bargeld und Möbel. Außerdem wurden die Büros des Ministeriums für Religionsangelegenheiten der Autonomiebehörde durchsucht.
Vorgehen gegen Hamas
Die Aktion war offenbar Teil eines
verschärften Vorgehens gegen die Hamas im Westjordanland seitens Israels und
des palästinensischen Präsidenten Mahmoud Abbas (Abu Mazen). Die Hamas
übernahm vor einem Jahr die Kontrolle über den Gazastreifen. Israel und
Abbas wollen verhindern, dass sich Ähnliches im Westjordanland wiederholt.
Vorsitzender der Organisation Solidarität ist der Bürgermeister von Nablus,
Adli Yaish, der der Hamas angehört. Er wurde gemeinsam mit zahlreichen
anderen Hamas-Politikern nach der Verschleppung eines israelischen Soldaten
im Juni 2006 durch militante Palästinenser von Israel inhaftiert.
Wohltätigkeitsorganisation
Bei den drei geschlossenen
Einrichtungen der Organisation Solidarität handelt es sich um deren
Hauptsitz sowie eine Mädchenschule und einen Sportverein. Das
Gesundheitszentrum trägt nach Angaben ihres Direktors denselben Namen
Solidarität, wird aber von einer anderen Wohltätigkeitsorganisation geführt,
die früher von der Hamas kontrolliert wurde. Im vergangenen Jahr habe Abbas'
Regierung dort eine neue Verwaltung eingesetzt. Das Zentrum habe keine
Verbindung mehr zur Hamas.
"Moralisches Verbrechen"
Hamas-Sprecher Fawzi Barhoum
sagte in Gaza, die Schließung von Wohltätigkeitseinrichtungen, die sich um
Hinterbliebene von Märtyrern, Waisen und Arme kümmerten, sei ein moralisches
Verbrechen. Er sprach von einem unmenschlichen Akt gegenüber Armen in der
palästinensischen Gesellschaft. Den vor drei Wochen zwischen der in Gaza
regierenden Hamas und Israel vereinbarten Waffenstillstand erwähnte er
nicht. Konfrontationen zwischen der Hamas und Israel im Westjordanland haben
militante Palästinenser in Gaza bereits zu Verstößen gegen die Waffenruhe
veranlasst.
Ein Beamter des Ministeriums für Religionsangelegenheiten in Nablus sagte, die Israelis hätten dort nichts zu suchen. "Es ist ein schlechtes Zeichen dafür, was sie unter Frieden verstehen", sagte Scheich Hassan Hilali.
Granate abgefeuert
Militante Palästinenser feuerten unterdessen
im Gazastreifen eine Granate auf den Grenzübergang Karni. Dabei wurde nach
Angaben der Streitkräfte niemand verletzt.
Unterdessen rückt der Gefangenenaustausch zwischen Israel und der libanesischen Hisbollah-Miliz näher. Israelische Medien berichteten am Montag, die Leichen von 190 Hisbollah-Milizionären sollten im Verlauf des Tages auf dem Amiad-Friedhof für feindliche Kämpfer im Norden Israels ausgegraben werden. Ihre Übergabe ist im Rahmen des Austauschs vorgesehen, der auch zwei wahrscheinlich tote israelische Soldaten und fünf libanesische Häftlinge sowie Leichenteile israelischer Soldaten umfasst.
Gefangenenaustausch
Der israelische Unterhändler Ofer Dekel wird
zudem mit dem schriftlichen Bericht der Hisbollah über das Schicksal des
seit 22 Jahren vermissten israelischen Navigators Ron Arad in Israel
zurückerwartet. Er habe den Bericht am Sonntag in Deutschland erhalten,
berichteten israelische Medien. Bereits vor einer Woche war Israel
informiert worden, dass der 1986 mit seinem Flugzeug abgestürzte Arad nach
Hisbollah-Informationen zwei Jahre nach seiner Gefangennahme getötet wurde.
Die offizielle Übergabe des Berichts ist eine Bedingung Israels für den
Austausch, der binnen einer oder zwei Wochen erwartet wird. Die Übergabe
wurde im Auftrag der Vereinten Nationen von dem deutschen Unterhändler
Gerhard Conrad ausgehandelt.
Im Gegenzug für die Informationen über Arad habe Dekel Conrad einen Bericht über das Schicksal iranischer Diplomaten übergeben, die während des 1982 begonnenen Libanonkriegs getötet worden waren, hieß es. Die vier Diplomaten waren an einer Straßensperre der mit Israel verbündeten christlichen Falangisten im Norden des Libanons festgenommen und vermutlich erschossen worden.