Nahost

Israel setzt erstmals Artillerie ein

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Augenzeugen berichten von einer großen Explosion im Gazastreifen. Weltweit werden unterdessen Schuhe zum Zeichen des Widerstands gegen die Gewalt.

Israel hat nach Berichten von Augenzeugen erstmals Artillerie für den Beschuss von Zielen entlang der östlichen Grenze des Gazastreifens eingesetzt. Palästinenser in der Stadt Gaza berichteten von einer großen Explosion nach dem Beschuss. Der Beschuss begann angeblich gegen 16.30 Uhr Ortszeit (15.30 MEZ) und traf vor allem Ziele in Beit Hanoun und Jabaliya im Norden des Gazastreifens sowie Khan Younis im Süden des palästinensischen Gebietes. Militante Palästinenser feuern von dort oft Raketen auf Israel ab. Fernsehkommentatoren sprachen von einem starken Hinweis auf eine bevorstehende Bodenoffensive. Die israelischen Bodentruppen stehen seit Tagen für einen möglichen Einmarsch in den Gazastreifen bereit.

Ein AFP-Reporter sah Dutzende Granaten, die im Norden des Gazastreifens einschlugen und nach dem Einschlag dichte Rauchwolken hinterließen. Er beobachtete Panzerverbände, die sich in Richtung Gazastreifen bewegten, während Kampfflugzeuge das Gebiet überflogen. Ein Sprecher der Armee weigerte sich auf Anfrage, das Geschehen zu kommentieren, und sagte lediglich, der Einsatz der Streitkräfte werde fortgesetzt.

Kein Einlenken der Hamas
Ungeachtet hoher Opferzahlen und Sachschäden hat die radikale Hamas auch zu Beginn der zweiten Woche der israelischen Militäroffensive kein Einlenken signalisiert. Hamas-Politbürochef Khaled Mashaal kündigte an, die Hamas werde nicht aufgeben und vor Israel kapitulieren. Die israelische Luftwaffe flog am Samstag nach Angaben eines Sprechers mehr als 25 Angriffe auf Hamas-Ziele im Gaza-Streifen. Dabei wurde der ranghohe Kommandant Abu Zakaria al-Jamal getötet. Im Gegenzug feuerten militante Palästinenser acht Raketen auf Israel. Zwei Israelis wurden verletzt. In einem Wohnhaus brach Feuer aus.

Bei weltweiten Demonstrationen sind oft Schuhe das Symbol des Widerstands gegen die Gewalt.

Bisher rund 440 Tote
Durch die vor einer Woche begonnenen israelischen Luftangriffe sind nach Angaben der Gesundheitsbehörde in Gaza mindestens 437 Menschen getötet und rund 2.300 weitere verletzt worden. Unter den Todesopfern sind nach UNO-Angaben auch mehr als 40 Kinder. Auf der anderen Seite starben vier Israelis nach Raketenangriffen militanter Palästinenser. Diese feuerten nach Armeeangaben seit Beginn der Militäroffensive 450 Raketen und Mörsergranaten auf Israel ab. Die Luftwaffe sei im gleichen Zeitraum mehr als 700 Einsätze geflogen.

UNO für Beobachterrolle bereit
Die UNO sei zu einer Beobachterrolle im Gaza-Streifen bereit, sagte der UNO-Sonderkoordinator für den Friedensprozess im Nahen Osten, Robert Serry. Über einen solchen Einsatz müsse aber der Weltsicherheitsrat entscheiden. Der palästinensische Präsident Mahmoud Abbas und die Außenminister mehrerer arabischer Staaten wollten am Wochenende nach New York reisen, um den Sicherheitsrat zur Annahme einer Nahost-Resolution aufzurufen. Ban trifft am Montag mit Abbas und arabischen Außenministern zusammen.

Bush gibt Hamas die Schuld
Bush machte die Hamas für den Gewaltausbruch im Nahen Osten verantwortlich. Die Raketenangriffe der Hamas auf Israel bezeichnete er als Terrorakt. Eine einseitige Waffenruhe im Gaza-Streifen, die Gewalt vonseiten militanter Palästinenser zulasse, sei nicht akzeptabel, erklärte der Präsident in seiner wöchentlichen Rundfunkansprache am Samstag. Zusagen der Hamas reichten nicht, sagte Bush. Es müsse auch Überwachungsmechanismen geben, um sicherzustellen, dass der Waffenschmuggel nach Gaza ein Ende habe. Zugleich äußerte Bush tiefe Besorgnis über das Leid der Bevölkerung im Gaza-Streifen. Auch dafür sei aber die Hamas verantwortlich.

Hamas unbeeindruckt
Der im syrischen Exil lebende Hamas-Führer Mashaal zeigte sich unbeeindruckt. "Die Widerstandsgruppe und ihre Organisationsstruktur sind ausgezeichnet, und die Verluste sind geringfügig", sagte er in Damaskus. Er warnte, Israel werde im Fall einer Bodenoffensive ein "düsteres Schicksal" erleiden. "Ihr Soldaten der Besatzungsmacht müsst begreifen, dass auf Euch das dunkle Schicksal von Tod, Verletzung und Gefangennahme wartet", sagte er.

Weltweite Demonstrationen
Gegner des Militäreinsatzes in Israel hatten für Samstag zu Demonstrationen in Tel Aviv, Haifa und Sahnin aufgerufen. In der nordisraelischen Stadt Sahnin protestierten tausende israelische Araber gegen die Luftangriffe. Nach letzten Umfragen unterstützen aber 85 Prozent aller Israelis den Militäreinsatz, mit dem der Raketenbeschuss aus dem Gaza-Streifen gestoppt werden soll. Rund eine Million der insgesamt 7,3 Millionen Israelis sind nach Polizeiangaben durch den permanenten Beschuss aus dem Gaza-Streifen gefährdet.

Auch in Europa waren am Samstag Proteste geplant. In Großbritannien wurden bei verschiedenen Demonstrationen mehrere zehntausend Menschen erwartet. Auch in Paris sollten Kundgebungen zur Unterstützung der Palästinenser stattfinden. In Salzburg nahmen bis zu 2.500 Menschen bei einer Veranstaltung gegen die Gewalt im Gaza-Streifen teil. In Wien hatten sich am Samstag am Graben nach Polizeiangaben "einige Personen" versammelt. Die Proteste seien nicht vergleichbar mit jenen vom Vortag. Am Freitag hatten österreichische Muslime bei einer Demonstration in Wien die "Kriegsverbrechen" Israels im Gaza-Streifen angeklagt. Die Polizei ging von rund 5.500 Teilnehmern aus. Die Islamische Glaubensgemeinschaft in Österreich schätzte die Zahl auf rund 8.000 Personen.

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