Blickt man auf ihre glänzenden Popularitätswerte, ist die Sozialistin Ségolène Royal die erste "Madame la Présidente", die den Einzug in den Pariser Élysée-Palast schaffen könnte.
Kritiker sehen in der Ex-Ministerin und erfolgreichen Regionalpolitikerin ein Leichtgewicht, für das das höchste Amt der Republik um mehrere Nummern zu groß ist. Und für das ein charmantes Lächeln nicht ausreicht.
Für Illustrierte zeigte sie sich im Bikini
Anders als die deutsche Kanzlerin Angela Merkel trägt die 53-jährige Mutter von vier erwachsenen Kindern gerne elegante Kleider. Im Sommer ließ sie sich von der Illustrierten "Paris Match" im Bikini ablichten. "Muss man hässlich sein, um in die Politik zu gehen?", fragte sie scheinheilig.
Anhänger sehen in ihr "neue Revolution"
" Ségolène ist unsere neue Revolution", sagt ihr Anhänger Jean-Marie Henin. "Die erste von 1789 hat sich auf die ganze Welt ausgewirkt. Sollte in unserem alten, altmodischen Land eine Frau Präsidentin werden, wird sich das vielleicht auch ausbreiten."
Gute Karrierechancen für Frankreichs Frauen
Frankreich rühmt sich seiner Tradition der Geschlechtergleichheit, seiner " Égalité". Starke Frauen wie Jeanne d'Arc, die Jungfrau von Orléans, gehören zu den Nationalhelden. Dank eines guten Betreuungsangebots für Kleinkinder ist die Chance, Karriere und Mutterschaft zu verbinden, wesentlich größer als etwa in Deutschland. Die Geburtenrate ist folglich eine der höchsten in Europa. Zugleich ist Frankreich das Land der Mannequins. Die Besessenheit vom weiblichen Schönheitsideal ist in Pariser Schaufenstern und auf Werbeplakaten allgegenwärtig.
Frauen regieren in acht Demokratien
Acht Demokratien werden derzeit von Frauen regiert. In Europa machte Margaret Thatcher in Großbritannien vor einer Generation den Anfang. Damals hätte es in Frankreich noch keine Mehrheit für eine Frau an der Staatsspitze gegeben. "Heute sagen die Menschen: 'Warum nicht'", hat Mariette Sineau beobachtet, die an der Pariser Elitehochschule Sciences-Po lehrt. " Die Frage ist nur, ob sie Royal wollen."
Royal hört auf die Menschen
Die "Madonna der Umfragen" ist umstritten. Mit Vorschlägen, etwa zum harten Durchgreifen gegen jugendliche Straftäter, verstörte sie das traditionelle PS-Milieu. Zu Gute gehalten wird ihr, dass sie auf die Menschen höre und ihre Sorgen ernst nehme. Bei Fragen, ob sie das Land vor einem Terroranschlag schützen oder die Wirtschaft ankurbeln könnte, genießt sie weniger Vertrauen. Beim Versuch von Journalisten, klare Aussagen über weltpolitische Themen zu bekommen, erwiderte sie: "Das würden sie mich nicht fragen, wenn ich nicht eine Frau wäre."
Weiblichkeit als Waffe?
Ihre Weiblichkeit versuchte Ségolène Royal auch als Waffe einzusetzen. Sie verbreitete selbst abfällige Äußerungen ihrer innerparteilichen Kontrahenten über ihre Doppelrolle als Mutter und Präsidentschaftsanwärterin, um Dominique Strauss-Kahn und Laurent Fabius danach als Machos darzustellen. "Feminismus ist ein ehrenwertes Motiv, aber mit derartigen Argumenten wird er nicht gestärkt", konterte Ex-Wirtschafts- und Finanzminister Strauss-Kahn. "Geben Sie acht, wenn Sie über 'Machismo' reden", warnte Fabius.
Verteidigungsministerin ist kritisch
Keine Hochachtung genießt Royal auch bei der konservativen Verteidigungsministerin Michèle Alliot-Marie, der derzeit exponiertesten Frau in der französischen Politik. "Mein Urteil hängt nicht davon ob, ob sie weiblich ist", sagte die frühere Parteichefin der Neogaullisten, die eigene Präsidentschaftsambitionen hegt. "Ich bewerte ihr Programm, und das besteht darin, den Umfragen zu folgen..."