Merz lauert

Jetzt geht es ums Berliner Kanzleramt

01.09.2024

Nachdem die Ampel abgestraft wurde, will er jetzt Kanzler werden, Friedrich Merz. Doch der Weg dahin wird kein einfacher sein. 

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© Wolfgang Kumm/dpa
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In der Union gilt der heutige Wahlsonntag als Einstieg in die Schlussphase zur Entscheidung über die K-Frage - die laut den Chefs von CDU und CSU, Friedrich Merz und Markus Söder, im Spätsommer fallen soll - wohl nach der Landtagswahl in Brandenburg am 22. September.

Merz hat beste Chancen

Merz werden in der Union allgemein die besten Chancen zugeschrieben. Trotzdem wird in der CDU befürchtet, der bayerische Ministerpräsident könnte darauf setzen, dass Merz wegen möglicher Turbulenzen in den kommenden Wochen ins Schlingern kommt. Als offenes Geheimnis gilt, dass sich Söder nach wie vor selbst für den besten Kanzlerkandidaten hält.

In der CDU wird mit schwierigen Sondierungen gerechnet - bis nach der Brandenburg-Wahl. Gut möglich, dass es trotz klarer Ansagen aus der CDU-Zentrale in Berlin den einen oder anderen gibt, der an der von Merz verbürgten "Brandmauer" zur AfD kratzen möchte.

Darüber könnte er stolpern 

Schwierigkeiten für Merz könnten sich auch im Zusammenhang mit dem BSW zusammenbrauen, falls die CDU an der BSW bei einer Regierungsbildung nicht vorbeikommt. Merz hatte eine Kooperation zunächst ebenso strikt abgelehnt wie mit der AfD. Wagenknecht sei "in einigen Themen rechtsextrem, in anderen wiederum linksextrem", sagte er nach der Europawahl im Juni. Erst nach Protest der Wahlkämpfer im Osten rückte Merz von diesem Diktum ab - und erklärte die Frage einer Zusammenarbeit zur Sache der Länder.

Fiasko für Berlin

Die Antwort nach den ersten Prognosen um 18.00 Uhr lautet: Desaströs, aber es hätte auch noch schlimmer kommen können. Die FDP fliegt in Thüringen aus dem Landtag und ist damit in beiden Parlamenten nicht vertreten. Auch die Grünen - bisher Regierungspartei in beiden Ländern - scheitern in Thüringen an der 5-Prozent-Hürde und bangen in Sachsen um den Wiedereinzug in den Landtag. Der SPD bleibt immerhin die Schmach erspart, erstmals in der Geschichte der Bundesrepublik nicht in einem Landesparlament vertreten zu sein. In beiden Ländern ist ihr Ergebnis aber einstellig.

Noch nie sind die Parteien, die die Bundesregierung stellen, bei Landtagswahlen gemeinsam auf so schlechte Ergebnisse gekommen. Dass das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) in Thüringen aus dem Stand stärker als SPD, Grüne und FDP zusammen abschneidet und die AfD dort nun fast drei Mal so stark ist wie die Ampel, sagt eigentlich alles. Dass sich die Koalitionäre kurz vor den Wahlen zusammengerauft und sich in überraschend kurzer Zeit und ohne öffentlichen Streit auf Konsequenzen aus der Messerattacke in Solingen verständigt haben, hat ihnen nicht mehr geholfen.

Scholz massiv unter Druck

Was machen diese Ergebnisse mit der Ampel? Kanzler Olaf Scholz hat bisher alle Wahlniederlagen an sich abperlen lassen. Als die SPD im Mai bei der Europawahl ihr schlechtestes Ergebnis bei einer nationalen Wahl seit mehr als 130 Jahren einfuhr, wandelte er durch das Willy-Brandt-Haus, machte Selfies mit den Genossen und lehnte einen Kommentar zum Wahlergebnis mit einem schlichten "Nö" ab. Tags darauf sagte er lediglich, es gehe für die Koalition nun darum, ihre Arbeit zu machen und "sich darauf vorzubereiten, dass die Zustimmung immer größer werden wird".

Bei den Genossen kam das gar nicht gut an. Der Frust über die (Nicht-)Kommunikation des Kanzlers in der SPD ist groß. Dass er sich bisher nicht Bahn gebrochen hat, liegt wohl an der Gewissheit, dass es der Partei mit Blick auf folgende Wahlen sicher nicht hilft, wenn sie sich selbst zerlegt.
 

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