SDP-Kandidat nahe an der Zwei-Drittel-Mehrheit.
Die Präsidentenwahl in Kroatien ist entschieden: Favorit Ivo Josipovic siegte in der Stichwahl am Sonntag überraschend klar mit 60,29 Prozent der Stimmen. Sein Widersacher, der Zagreber Bürgermeister Milan Bandic, erhielt 39,71 Prozent, wie die Wahlbehörde in Zagreb in der Nacht auf Montag nach Auszählung von 99,62 Prozent der Stimmen mitteilte. Josipovic trat als Kandidat der oppositionellen Sozialdemokraten (SDP) an.
Mit dem Zuschlag für den 52-jährigen Juristen und Komponisten entschieden sich die Kroaten für die in der öffentlichen Wahrnehmung farblosere, dafür aber seriösere und EU-kompatiblere Variante. Dem Kandidaten der oppositionellen SDP (Sozialdemokraten) wird offenbar zugetraut, als weltgewandter Botschafter seinen Landes den Beitritt zur europäischen Union voranzutreiben.
Bürgermeister verliert
Sein unterlegener Konkurrent Milan
Bandic ist hingegen eher ein Politiker, der Probleme im Land selbst auf
manchmal populistisch-rustikale aber auch durchaus effiziente Weise angeht.
Somit passt sein bisheriger Job als Bürgermeister der Hauptstadt Zagreb
ohnehin besser zu ihm.
Bandic war bis zu seinem eigenmächtigen Antreten bei den Präsidentenwahlen ebenfalls SDP-Mitglied gewesen, im Gegensatz zu Josipovic scheute er aber nicht davor zurück, auch im nationalistischen und rechten Politspektrum auf Wählerfang gehen. Er stellte sich hinter vom UNO-Tribunal für Kriegsverbrechen in Den Haag angeklagte kroatische Generäle und sprach die Kriegsveteranen ebenfalls an wie die Kroaten in Bosnien-Herzegowina. Schließlich stammt er selbst von dort.
Emotionen
Damit rührte er oft an Emotionen vergangener Tage, die
führende Köpfe in Kroatien wie der noch bis Mitte Februar im Amt befindliche
aktuelle Staatspräsident Stjepan Mesic über die Jahre eher abbauen wollte.
Bandic mimte den Volkstribun für die Interessen des gemeinen Volkes so
intensiv, dass er sich auch ausländischen Journalisten gegenüber
ausschließlich auf Kroatisch äußern wollte. Seine offenbar mangelnden
Englisch-Kenntnisse wurden derart aber auch als Makel für ein potenzielles
Staatsoberhaupt Kroatiens empfunden. Auch so manche unaufgeklärte
Korruptionsaffäre hing ihm möglicherweise nach.
Tadelloser Ruf
Josipovic, Professor für Völkerrecht und seit
2003 Abgeordneter, kann hingegen auf einen tadellosen Ruf verweisen. Er ist
vielleicht keine besonders schillernde Figur, läuft damit aber auch nicht
Gefahr, plötzlich an Glanz zu verlieren. Er wurde neben der SDP vor allem
von den Parteien links der Mitte, der urbanen Bevölkerung sowie von
Amtsinhaber Mesic unterstützt.
Rückblick
Der 75-jährige Mesic hatte in einem APA-Interview
vor der Stichwahl rückblickend gemeint, er sei zu einem Zeitpunkt Präsident
Kroatiens geworden, als sein Land nach den Jahren des Krieges und der
Staatswerdung unter Franjo Tudjman international isoliert war. Zehn Jahre
später ist Kroatien NATO-Mitglied und wird wohl als nächstes Land der EU
beitreten. So gesehen ist Josipovic ein würdiger Nachfolger von Mesic,
wenngleich auch er einem EU-Beitritt Kroatiens nicht alles unterordnen will.
"Ich bin für den Beitritt Kroatiens in die EU, aber ich bin nicht für Erpressung", so Josipovic in Bezug auf den Grenzstreit Kroatiens mit dem Nachbarland Slowenien, der die Beitrittsgespräche monatelang blockiert hatte. Josipovic hatte als Jurist auch 1999 an der Genozid-Klage Kroatiens gegen Serbien bzw. das damalige Jugoslawien mitgewirkt. Zuletzt zeigte er sich in Interviews aber auch für einen Vergleich zwischen den beiden Ländern offen.