Mit Transparent
Jugendliche stürmten TV-Sender in Athen
16.12.2008
Jugendliche stürmten einen TV-Sender in Athen und unterbrachen mit dieser Aktion das Nachrichtenprogramm.
Um den seit Tagen andauernden Protesten in Griechenland Nachdruck zu verleihen, hat eine Gruppe junger Demonstranten das Programm des öffentlich-rechtlichen Fernsehsenders Net in Athen unterbrochen. Während ihres erzwungenen Kurzauftritts in der Nachrichtensendung am Dienstag riefen sie die Zuschauer zur Beteiligung an den Protesten auf. In Athen und in Thessaloniki kam es erneut zu gewaltsamen Protesten gegen die Polizei.
Transparent mit "Geht auf die Straße"
Als der
Fernsehsender NET gerade eine Rede von Regierungschef Kostas Karamanlis vor
Abgeordneten seiner Partei Nea Dimokratia (Neue Demokratie) zeigte,
unterbrachen die Demonstranten das Programm. Die jungen Leute tauchten
plötzlich für etwa 20 Sekunden auf den Bildschirmen auf und hielten
schweigend ein Transparent mit der Aufschrift "Hört auf zuzusehen, geht auf
die Straße" hoch. Der Sender unterbrach das Programm und sendete kurz
Werbung. Über den Hintergrund der Unterbrechung wurden die Zuschauer
zunächst nicht informiert.
TV-Sender: "Opfer von Invasion"
Erst etwa 40 Minuten
später wandte sich NET-Chef Christos Panagopoulos an die Zuschauer. Der
Sender sei Opfer einer "Invasion von kleinen Gruppen" aus etwa 25-Jährigen
geworden, sagte er während eines Auftritts in den Nachrichten. Die jungen
Leute hätten sich als Besucher in kleinen Gruppen Zutritt zu dem Sender
verschafft und sich offenbar mit Fernsehtechnik ausgekannt. Sie hätten den
Sendekontrollraum gestürmt und die dort arbeitenden Mitarbeiter
hinausgetrieben, sagte Panagopoulos weiter.
Grenzen überschritten
Panagopoulos kritisierte, ein
derartiger "Akt der Gewalt" überschreite klar die Grenzen der Demokratie.
Vergangene Woche hatten Demonstranten zwei Athener Radiosender und einen
Fernsehsender in Patras gestürmt. Seit rund eineinhalb Wochen wird
Griechenland von Ausschreitungen zumeist junger Leute erschüttert. Grund für
die Proteste ist der Tod eines 15-Jährigen am 6. Dezember, der durch einen
Schuss eines Polizisten starb.
Polizeibus ging in Flammen auf
Am Dienstagvormittag griffen etwa
40 Jugendliche den Hauptsitz der griechischen Bereitschaftspolizei mit
Molotow-Cocktails an. Ein Polizeibus ging in Flammen auf, zudem wurden vier
Streifenwagen beschädigt. In mehreren Athener Vierteln verteilten Schüler
und Studenten Flugblätter mit polizeikritischen Texten. Für den Abend war
eine Protestveranstaltung in der Nähe der Polizeiwache von Exarchia geplant,
dem Viertel, in dem der 15-Jährige ums Leben gekommen war. Rund 600 Schulen
sowie mehrere Universitätsgebäude in Athen und Thessaloniki waren nach
Angaben der Demonstranten in Griechenland weiter besetzt. Nach
Regierungsangaben werden nur noch etwa 100 Schulen besetzt.
Demos vor Gericht in Thessaloniki
In Thessaloniki demonstrierten
etwa 250 Jugendliche vor einem Gericht, in dem ein Urteil gegen griechische
Polizisten gesprochen wurde. Sie bewarfen die Polizeibeamten mit Steinen und
anderen Wurfgeschoßen, die Polizei trieb sie mit Tränengas auseinander. Nach
Angaben aus Justizkreisen verurteilte das Gericht die acht angeklagten
Polizisten zu Haftstrafen zwischen 15 Monaten und dreieinhalb Jahren. Sie
hatten demnach vor zwei Jahren bei einer Demonstration in Thessaloniki einen
Studenten verprügelt und dabei schwer verletzt. Die Beamten gingen den
Angaben zufolge jedoch in Berufung und kamen zunächst frei.
Foto: (c) AP