"Dieses Gericht hat kein Recht, ein Verfahren gegen mich zu führen", meinte Karadzic. Die Anklage wirft ihm unter anderem Genozid vor.
Der ehemalige Präsident der bosnischen Republika Srpska, Radovan Karadzic, hat es vor dem UNO-Tribunal für Kriegsverbrechen in Ex-Jugoslawien (ICTY) abgelehnt, sich zu der kürzlich ergänzten Anklageschrift zu äußern. "Ich werde mich zur Anklage nicht äußern. Dieses Gericht hat kein Recht, ein Verfahren gegen mich zu führen", meinte Karadzic.
"Ich bestreite die Anklage aufgrund meiner Vereinbarung mit der internationalen Staatengemeinschaft, deren Vertreter (1996, Anm.) der US-Balkan-Beauftragte Richard Holbrooke war", sagte Karadzic in Anspielung auf die angebliche Einigung mit Holbrook, die ihm Straffreiheit sichern sollte. Demnach soll Holbrooke dies Karadzic im Juli 1996 versprochen haben, vorausgesetzt er würde sich von seinem Amt und aus der Öffentlichkeit zurückziehen, was er auch getan hat.
Anklage wirft Karadzic Genozid in zwei Punkten vor
Die zuletzt
vorige Woche erweiterte Anklage wirft Karadzic in zwei Punkten Genozid vor.
Einer bezieht sich auf das Massaker in Srebrenica - wo im Sommer 1995 rund
8.000 muslimische Stadteinwohner von Truppen der bosnischen Serben ermordet
wurden - und der andere auf Kriegsverbrechen in Bosnien-Herzegowina im Jahr
1992. Die Anklage bringt Karadzic mit Kriegsverbrechen in 27 Gemeinden
Bosniens in Verbindung.
Terror und "ethnische Säuberungen"
In weiteren
fünf Punkten der Anklage werden Karadzic Verbrechen gegen die
Menschlichkeit, in vier Punkten auch Verstöße gegen das Kriegsrecht
angelastet. Die Vorwürfe gegen den Ex-Präsidenten der Republika Srpska
konzentrieren sich auf "ethnische Säuberungen" in der Zeitspanne 1992-1995,
"Terror gegen die Zivilbevölkerung" im Rahmen der Belagerung der bosnischen
Hauptstadt Sarajevo, aber auch auf die Geiselnahme von rund 380 UNO-Soldaten
im Mai und Juni 1995.
Anklageschrift zurückgewiesen
Karadzic wurde im Juli vorigen
Jahres in Belgrad festgenommen und an das UNO-Tribunal nach Den Haag
überstellt. Vor dem Tribunal wollte er sich im vergangenen Sommer nicht zu
der damals geltenden Anklage äußern, die sich auf Kriegsverbrechen in 47
bosnischen Kommunen bezog. Die neue Anklageschrift wurde von Karadzic in
einem im Jänner eingereichten Einspruch als zu ausführlich und "ebenso
schlecht wie die noch geltende" zurückgewiesen.
Nicht schuldig
Der Tribunalssenat hat entsprechend den geltenden
Regeln des UNO-Tribunals erklärt, dass Radovan Karadzic, der sich nicht zur
Anklageschrift äußern wollte, somit auf unschuldig in allen Anklagepunkten
plädiert habe.