Nur eine Gegenstimme

Katar-Gate: EU-Parlament stimmte für Amtsenthebung von Vizepräsidentin Kailis

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Die Fraktionsvorsitzenden im Europaparlament haben sich einstimmig dafür ausgesprochen, die unter Korruptionsverdacht stehende Eva Kaili als Vizepräsidentin abzusetzen. Auch die Abgeordneten stimmten mit nur einer Gegenstimme für Kailis Absetzung.

Schon eine Zwei-Drittel-Mehrheit der Parlamentarier hätte ausgereicht. Damit ist die in Untersuchungshaft sitzende Griechin ihr Amt los. Kaili selbst ließ über ihren Anwalt am Dienstag ihre Unschuld beteuern. "Ihre Position ist, dass sie unschuldig ist. Sie hat nichts mit Geldflüssen aus Katar zu tun, überhaupt nichts", sagte Michalis Dimitrakopoulos dem griechischen Fernsehsender Open. Zu Details dürfe er sich nicht äußern. Auch habe er kein Bild davon, ob Gelder gefunden worden seien und wenn ja, welche Summen. Dimitrakopoulos wies jedoch griechische Medienberichte zurück, wonach unter der Kinderwiege der kleinen Tochter von Kaili 160.000 Euro gefunden worden seien.

Beschuldigte wehren sich

Auch der Internationale Gewerkschaftsbund und ihr vorübergehend festgenommener Generalsekretär Luca Visentini weisen jede Schuld von sich. "Ich bin froh, dass die Befragung abgeschlossen ist und ich alle Fragen vollständig beantworten konnte", sagte der Italiener einer am Dienstag veröffentlichen IGB-Mitteilung zufolge. "Sollten weitere Anschuldigungen erhoben werden, freue ich mich auf die Gelegenheit, sie zu widerlegen, da ich mir nichts vorzuwerfen habe." Jede Form von Korruption sei völlig inakzeptabel.

Visentini ist eine von sechs Personen, die seit Freitag von der belgischen Justiz festgenommen worden sind. Nach seiner Befragung wurde der 53-Jährige am Sonntag wieder freigelassen. Vier andere Verdächtige kamen dagegen in Untersuchungshaft - unter ihnen auch die Vizepräsidentin des Europaparlaments Eva Kaili. Sie werden der Beteiligung an einer kriminellen Vereinigung, der Geldwäsche und der Korruption beschuldigt.

Der italienischen Zeitung "La Repubblica" sagte Visentini: "Ich bin in diese Untersuchung hineingeraten, weil ich mit der Stiftung 'Fight Impunity' zusammengearbeitet habe." Die Stiftung wurde von einem ehemaligen Europa-Abgeordneten aus Italien, Antonio Panzeri, gegründet, der ebenfalls festgenommen wurde. Gegen Panzeri wurde mittlerweile Haftbefehl erlassen.

NGO habe sich als kriminelle Organisation entpuppt

Visentini sagte, er habe an einigen Konferenzen der NGO teilgenommen, dann aber habe sich herausgestellt, "dass es sich um eine kriminelle Organisation handelte, die im Namen und im Auftrag der Regierung von Katar und, wie es scheint, Marokko Bestechungspläne schmiedete, um zu versuchen, günstigere Bedingungen beim Europäischen Parlament zu erwirken." Er habe der Justiz die erforderlichen Informationen vorgelegt und sei auf dieser Grundlage "mit einigen minimalen Auflagen freigelassen" worden.

Der IGB stellte klar, dass die belgischen Behörden zu keinem Zeitpunkt angedeutet hätten, gegen den Gewerkschaftsbund zu ermitteln. Man habe sich seit mehr als elf Jahren für eine Reform des katarischen Arbeitsrechts eingesetzt. Jede Andeutung, dass Katar oder ein anderer Akteur die IGB-Position beeinflusst habe, sei falsch.

Metsola hatte sich bereits am Montag in einer eindringlichen Rede an das Parlament gewendet. Sie sprach angesichts der Enthüllungen von Wut, Zorn und Kummer. "Das Europäische Parlament, liebe Kolleginnen und Kollegen, wird angegriffen, die europäische Demokratie wird angegriffen, und unsere Art der offenen, freien, demokratischen Gesellschaften wird angegriffen." Zugleich versprach die Malteserin eine lückenlose Aufklärung der Vorwürfe im Parlament.

Bereits am Wochenende hatte Metsola der ehemaligen TV-Moderatorin Kaili, die eine von 14 Vize-Präsidentinnen und -Präsidenten des Parlaments ist, alle Befugnisse in diesem Amt entzogen. Aus ihrer griechischen Pasok-Partei und der sozialdemokratischen Fraktion im Europaparlament wurde sie ausgeschlossen.

Schwerwiegende Vorwürfe

Im Raum steht, dass das Golfemirat Katar, das derzeit die Fußball-Weltmeisterschaft ausrichtet, mit umfangreichen Geld- und Sachgeschenken versucht hat, Einfluss auf politische Entscheidungen im Europaparlament zu nehmen. Derzeit wird etwa auf EU-Ebene in Erwägung gezogen, die Visa-Regeln für Staatsbürger von Katar zu erleichtern - das Verfahren im Parlament liegt nach den Bestechungsvorwürfen erst einmal auf Eis. Katar wies die Vorwürfe zurück.

Die Behörden bringen unterdessen ihre Ermittlungen voran. Am Montag ließ die Anti-Geldwäsche-Behörde in Kailis Heimat Griechenland alle Vermögenswerte der 44-Jährigen, ihrer Eltern, ihrer Schwester und ihres Lebenspartners einfrieren. In Brüssel durchsuchten Ermittler zu Wochenbeginn Räumlichkeiten im EU-Parlament. Dabei wurden Daten von Computern von zehn parlamentarischen Mitarbeitern beschlagnahmt.

Ruf der EU schwer beschädigt

Der Korruptionsskandal im EU-Parlament beschädigt aus Sicht des Präsidenten der katholischen EU-Bischofskommission COMECE, Kardinal Jean-Claude Hollerich, den Ruf der Institution enorm. Zugleich hob Hollerich laut Kathpress im Interview mit "Vatican News" (Montagsausgabe) als positiv hervor, dass der Skandal aufgeflogen sei. "Dass Verbrechen geahndet werden, ist an sich ein Erfolg", so der Luxemburger Erzbischof. Auch Parlamentspräsidentin Metsola habe schnell reagiert. "Man sieht, dass das EU-Parlament wirklich demokratische Werte wahrnimmt, gegen Korruption ist und auch konsequent agiert", befand Hollerich.

Die Grüne-Fraktion verlangt "sofortige und vollumfängliche Aufklärung der Korruptionsvorwürfe und harte Konsequenzen". "Seit Jahren fordern wir stärkere Maßnahmen zu Transparenz, Rechenschaftspflicht und Verhaltenskodex und dass alle Treffen, auch jene mit Vertreter:innen von Drittstaaten, in das Lobby- und Transparenzregister aufgenommen werden müssen", teilten die Europaabgeordneten Monika Vana und Thomas Waitz am Dienstag mit. Zudem müsse das von Kommissionspräsidentin von der Leyen versprochene, unabhängige Ethikgremium für alle EU-Institutionen "raschest möglich umgesetzt werden", hieß es in einer Aussendung.

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