Zu ambitionierte Ziele, falsche Hoffnungen und ein Querlegen der USA verhinderten bisher einen Durchbruch beim Klimagipfel.
Trotz leidenschaftlicher Appelle zum Auftakt der heißen Phase bei der Weltklimakonferenz ist vorerst kein Durchbruch in Sicht. Deutschland und die USA bekräftigten am Mittwoch lediglich ihre unvereinbaren Positionen im Streit über neue Klimaziele der Industrieländer.
Zu ambitionierte Ziele?
UNO-Generalsekretär Ban Ki Moon sagte,
vielleicht sei die von der EU gewünschte Festlegung auf 25 bis 40 Prozent
Minderung der Treibhausgase bis 2020 derzeit noch "zu ambitioniert" und
müsse später ausgehandelt werden. Damit ließ er Verständnis für die Haltung
der USA erkennen, die eine Festlegung dieses Zielkorridors auf Bali strikt
ablehnen.
EU verlangt Klimaabkommen bis 2009
Die EU-Delegationen verlangen
eine Festlegung auf ein Ziel für die Verhandlungen über ein neues
Klimaabkommen bis 2009 als unerlässlich. "Ich brauche kein Papier aus Bali,
in dem nur steht, dass wir uns nächstes Jahr wieder treffen", sagte der
deutsche Umweltminister Sigmar Gabriel. "Ich hoffe, dass sie (die USA) doch
noch ein Ziel akzeptieren werden." Umweltminister Josef Pröll (V) forderte
die Festlegung auf eine konkrete Bandbreite von CO2-Reduktionszielen nach
bis 2020.
USA legte sich quer
US-Delegationschefin Paula Dobriansky
betonte, auch die USA wollten "nationale Ziele" sowie ein langfristiges
Klimaziel. Doch sagte der Klimaberater von Präsident George W. Bush, James
Connaughton, Ziele dürften sich nicht nur an der Wissenschaft ausrichten,
sondern auch an der Machbarkeit und am Nutzen für die Umwelt. Gabriel sagte
auf die Frage, ob das Hauptproblem für die USA die Erwartung sei, die
Zielmarke von 25 bis 40 Prozent nicht zu schaffen: "Das wird tatsächlich die
Sorge sein."
11.000 Teilnehmer an UNO-Klimagipfel
Die Minister haben bis
Freitag Zeit, einen Kompromiss zu finden. Bei der mit 11.000 Teilnehmern und
144 Ministern größten UNO-Klimakonferenz aller Zeiten soll eine "Bali
Roadmap" als Mandat und Agenda für die Verhandlungen über das neue
Klimaabkommen festgelegt werden. Das Abkommen selbst soll 2009 fertig sein
und nach 2012 das Kyoto-Protokoll ersetzen. Dieses verpflichtet die
Industrieländer zur Minderung ihrer Klimagase um 5,2 Prozent. Die Marge von
25 bis 40 Prozent bis 2020 hat der Klimarat IPCC empfohlen.
Grundlagenvereinbarung über Zertifikatszukäufe
Pröll
betonte, Österreich werde sein Kyoto-Klimaziel von minus 13 Prozent
gegenüber 1990 trotz der schlechten bisherigen Bilanzen erreichen. Nicht
festlegen wollte er sich auf die künftige Verpflichtung in der EU-internen
Lastenaufteilung für ein Klimaziel nach 2012. Unterdessen hat der
Ressortchef mit drei weiteren Ländern Grundsatzvereinbarungen zu
Zertifikatszukäufen über CDM-Projekte ("Clean Development Mechanism")
unterzeichnet. Vertragspartner sind Ghana, die Philippinen und Äthiopien.
Mit diesen Abkommen werden emissionsmindernde Projekte in diesen Staaten
ermöglicht, die zu CO2-Gutschreibungen in Österreich führen.
Ban Ki Moon warnte vor Scheitern
Bei der Eröffnungszeremonie für
die Ministergespräche warnte UNO-Generalsekretär Ban Ki Moon eindringlich
vor einem Scheitern. Auch fast alle anderen Redner richteten flammende
Appelle zur Einigung an die Minister. Um den Verhandlungsablauf effektiver
zu gestalten, soll eine Kommission von 40 Ministern gebildet werden.
Insgesamt wurden fünf Vertreter der EU nominiert. Dies sind die
EU-Kommission, Portugal, Deutschland und Slowenien für die amtierende,
gewesene und künftige EU-Präsidentschaft und dazu Dänemark als Gastgeber der
UNO-Klimakonferenz 2009 in Kopenhagen.
NGO's kritisieren schleppende Verhandlungen
Internationale
Umweltorganisationen haben den ihrer Ansicht nach zu schleppenden Verlauf
der Verhandlungen kritisiert. Zum Auftakt der Ministerrunde appellierten sie
an die rund 150 Chefdelegierten, sich intensiver um Lösungen zu bemühen.
Zuvor waren Gespräche auf Beamtenebene über Regelungen zur Weitergabe von
klimafreundlicher Technologie aus Industrieländern an Entwicklungsländer
ohne Ergebnis geblieben.
EU doch kein Vorreiter?
Der Klimaexperte der Umweltorganisation
WWF, Stephan Singer, kritisierte die EU, die bisher hinter ihrer
angekündigten Vorreiterrolle zurückgeblieben sei. Er forderte sie auf, auf
der Konferenz deutlicher eine Führungsrolle zu übernehmen. Bei dem
Streitpunkt des Technologietransfers müssten auch die EU-Regierungen zu
höheren finanziellen Zusagen bereit sein, sonst seien die ärmeren Länder
nicht für die angestrebte gemeinsame Lösung zu gewinnen. Auch ein Ziel für
die Reduzierung von Treibhausgasen müsse in Bali vorgegeben werden.