Polen preschte vor

Keine Einigkeit in EU über Olympia-Boykott

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Der EU-Ratsvorsitzende Rupel glaubt nicht an eine Einigkeit. Gleichzeitig schloß er eine Spaltung der Union aber aus.

Wegen des harten Durchgreifens Chinas gegen die Proteste in Tibet erwägt die Europäische Union einen politischen Boykott der offiziellen Eröffnungsfeier der Olympischen Spiele in Peking am 8. August. Mehrere Regierungen in der EU schlossen einen solchen Schritt nicht mehr aus. Gleichzeitig betonten mehrere EU-Außenminister bei einem informellen Treffen am Freitag im slowenischen Brdo, dass die EU jetzt noch keine Boykott-Entscheidung treffen sollte.

Österreich nicht dezidiert gegen Boykott
Für Österreich schloss Bundeskanzler Alfred Gusenbauer (S) eine Nichtteilnahme an der offiziellen Eröffnungszeremonie "nicht dezidiert aus". Vor Gewalt und Menschenrechtsverletzungen in Tibet dürfe man nicht die Augen verschließen, erklärte er in Wien. Außenministerin Ursula Plassnik (V) will die Entscheidung offen lassen. Es mache Sinn, die Lage zu beobachten und offen zu halten, ob man zu dieser Art von politischem Signal greife, sagte sie in Brdo. "Auch das ist eine Möglichkeit, die Entwicklung zu beeinflussen." Österreich werde sich ebenso wie die EU "nicht vor einen Propagandakarren spannen lassen", betonte sie.

Keine deutschen Teilnehmer bei Eröffnungsfeier
Die deutsche Regierungsspitze plant nach Angaben von Außenminister und Vizekanzler Frank-Walter Steinmeier keine Teilnahme an der Eröffnungsfeier der Olympischen Spiele in Peking. Steinmeier stellte dies aber nicht in einen Zusammenhang mit der Tibet-Krise. "Soweit ich weiß, hat der deutsche Sportminister (Wolfgang Schäuble, Anm.) bisher keine Beteiligung an der Eröffnungsfeier der Olympischen Spiele geplant, meine Person und die Kanzlerin (Angela Merkel, Anm.) denke ich auch nicht", sagte Steinmeier vor dem Treffen der EU-Außenminister. "Insofern gibt es nichts abzusagen." Gleichzeitig betonte Steinmeier, er halte nichts von der aktuellen Boykott-Diskussion in einigen europäischen Ländern. "Ein Nein zu Olympia ist weder eine Hilfe für China noch für die Sportverbände." Die Volksrepublik China müsse von der EU aufgerufen werden, "maßvoll und mit Augenmaß" auf die Proteste in Tibet zu reagieren.

Laut der Nachrichtenagentur AP soll der deutsche Sportminister überhaupt als einziger hochrangiger deutscher Politiker zu den Spielen nach Peking reisen, und zwar erst zehn Tage nach der Eröffnungsfeier. Der deutsche Bundespräsident Horst Köhler wird stattdessen im September Wettkämpfe behinderter Sportler bei den Paralympics in China besuchen. "Bis auf weiteres wird an der Planung festgehalten", sagte Köhlers Sprecher Martin Kothe am Freitag in Berlin. Deutsche Bundeskanzler führen in aller Regel nicht zu den Olympischen Spielen, erklärte Vize-Regierungssprecher Thomas Steg. Bundeskanzlerin Merkel (CDU) habe ihrerseits bereits deutlich gemacht, dass sie von Boykottdrohungen nichts halte.

Schweden und Großbritannien gegen Boykott
Der schwedische Außenminister Carl Bildt sprach sich offen gegen einen Boykott aus. "Ich habe nie gefunden, dass Boykotte besonders effiziente Instrumente in der Außenpolitik sind," sagte er. "Es gibt keinen anderen Weg als den Dialog."

Auch der britische Außenminister David Miliband betonte: "Es ist nicht die Zeit, einen Boykott der Olympischen Spiele ins Auge zu fassen oder anzukündigen." Es sei wichtig, dass die Spiele in Peking stattfinden. Die Europäer müssten in einem offenen und permanenten Dialog mit China stehen. Auch Luxemburgs Außenminister Jean Asselborn sprach sich gegen Boykott-Überlegungen aus. Wenn die EU die Olympischen Spiele boykottiere, würde sie auch eine Verbindung zu China kappen, warnte er. "Wir müssen China sagen, dass wir im 21. Jahrhundert sind." Die Spiele würden von 25.000 Journalisten in China verfolgt, eine Milliarde Menschen würden weltweit zusehen. Der portugiesische Außenminister Luis Amado sagte, der Moment über eine Entscheidung, ob die EU der Eröffnungsfeier fern bleibe, sei noch nicht gekommen.

Keine gemeinsame EU-Position
Der slowenische Außenminister und amtierende EU-Ratsvorsitzende Dimitrij Rupel räumte ein, dass die EU noch keine gemeinsame Position in der Frage eines möglichen Boykotts habe. Er glaube aber nicht, dass diese Frage die EU spalte. Sollte es nötig sein, werde die EU gemeinsam Stellung beziehen. In Hinblick auf die Beratungen der Außenminister meinte er: "Unsere Position wird sein, dass man die Menschenrechte und Standards, die wir in der Union gewöhnt sind, verteidigen muss." Die EU sei besorgt wegen der Missachtung der Menschenrechte in Tibet.

Erste Überlegungen zu einem Boykott der Eröffnungsveranstaltung der Olympischen Spiele hatte der französische Präsident Nicolas Sarkozy angestellt, der im Juli die EU-Ratspräsidentschaft übernimmt. Sarkozy hatte erklärt, er wolle in dieser Frage die EU-Partner konsultieren. Als erster europäischer Regierungschef gab der polnische Premier Donald Tusk am Donnerstag bekannt, dass er wegen des Vorgehens Chinas in Tibet nicht an der Eröffnungszeremonie der Olympischen Spiele in Peking teilzunehmen werde. Seinem Beispiel will auch der estnische Präsident Toomas Hendrik Ilves folgen, wie sein Sprecher in Tallinn laut AP sagte. Auch der tschechische Staatspräsident Vaclav Klaus hat erklärt, dass er die Olympischen Spiele nicht besuchen werde. Dies sei aber nicht als Drohung an China wegen der Tibet-Krise zu verstehen, betonte er auf seiner Homepage.

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