Heute feiert Barack Obama sein erstes Jahr im Weißen Haus. Doch von der Begeisterung, die ihn ins Amt brachte, ist nichts mehr zu spüren.
Hatte dieser Herr Barack Obama zu viel versprochen, hat er sich selbst überschätzt? Ist er ein Mundwerksbursch oder einfach nur zu naiv für seinen Job? Böse Fragen muss sich der erste schwarze Präsident der USA nach seinem ersten Jahr im Amt gefallen lassen.
Vom Hoffnungsträger zum Prügelknaben mutierte der Staatschef, der in den Umfragen so tief gefallen ist wie kaum ein anderer Präsident vor ihm. Das liegt aber daran, dass die Amerikaner und der Rest der Welt diesen Mann hochgejubelt haben, wie sonst wenige zuvor. Dabei ist Obama keine Lichtgestalt, er ist ein normaler, intelligenter, charismatischer Politiker.
Stress ins Gesicht geschrieben
Die Anstrengungen der letzten
zwölf Monate, der Dauerstress haben in Obamas Gesicht Spuren hinterlassen.
Die Haare sind grauer, die Gesichtszüge schärfer, die Lippen schmaler
geworden. Nur Frau Michelle begeistert nach wie vor die Massen. Um Obama
heute gerecht zu beurteilen, muss man sich an seinen Vorgänger erinnern. Und
der hieß George W. Bush.
Das Erbe des George Bush
Bush hinterließ einen Saustall, an dem
sich selbst Herkules die Zähne ausgebissen hätte. Amerika war am Ende der
achtjährigen Bush-Ära verrufen in der Welt, die US-Wirtschaft stand wegen
der Finanzkrise vor dem Kollaps, 700.000 Menschen verloren monatlich ihren
Job, fast 40 Millionen US-Bürger waren ohne Krankenversicherung. Die USA
rieben sich in zwei blutigen Kriegen auf.
Mut und Anständigkeit
Obama ist kein Zauberer, solche
weltbewegenden Probleme löst man nicht mit einem Lächeln und schönen Worten.
Aber mit Obama ist Ehrlichkeit, Mut und Anständigkeit in die Politik
zurückgekehrt. Er hat glaubwürdig bewiesen, dass jetzt Kompromiss und nicht
mehr Konfrontation die Politik der Supermacht bestimmt.
Europa wird trotzdem umdenken müssen. Obama, „erster pazifischer US-Präsident“, blickt mehr in Richtung Asien. Europas Gewicht und Einfluss hingegen schwinden. China wird zum Schwergewicht.
Obamas politische Zukunft wird sich im Kampf gegen Arbeitslosigkeit und galoppierende Staatsverschuldung entscheiden. Es wartet ein schwieriges zweites Jahr auf ihn.