Frankreich
Kerviel laut Anwälte nur ein Sündenbock
28.01.2008
Hat der Banker Kerviel die Milliarden gar nicht verspielt? Seine Anwälte vermuten, dass die Führung einen Sündenbock für Verlust brauchte.
Im milliardenschweren Zocker-Skandal bei der französischen Großbank Societe Generale sehen die Anwälte des beschuldigten Finanzjongleurs kein Fehlverhalten ihres Mandanten. Jerome Kerviel habe "nichts Unredliches getan, nicht einen einzigen Cent eingesteckt und in keiner Weise vom Vermögen der Bank profitiert", sagten Elisabeth Meyer und Christian Charriere-Bournazel am Sonntagabend.
Kritik an Ermittlungen
Unter dem Vorwand, die Aktionäre
beruhigen zu wollen, habe Societe-Generale-Chef Daniel Bouton ihren
Mandanten beschuldigt und ihn so "den Hunden zum Fraß vorgeworfen". Kerviels
Anwälte verurteilten die "mediale Lynchjustiz" gegenüber ihrem Mandanten. So
sei "entgegen aller Vernunft" behauptet worden, Kerviel sei auf der Flucht
gewesen. Meyer und Charriere-Bournazel kritisierten, dass ein Foto ihres
Mandanten veröffentlicht sowie sein Privatleben und das seiner Angehörigen
"durchwühlt" worden seien.
Hektische Aktionen
Nach Ansicht der Anwälte agierte die Großbank
nach Entdecken von Kerviels riesigen Außenständen zu hektisch am Markt.
Societe Generale habe deshalb die Verluste von fast fünf Milliarden Euro mit
provoziert, sagten sie. Sie warfen der Großbank vor, mit der Aufdeckung des
Skandals die Öffentlichkeit von viel höheren Verlusten der vergangenen
Monate ablenken zu wollen, beispielsweise aus der US-Immobilienkrise.
Kerviel wird vorgeworfen, seiner Bank bei eigenmächtigen Finanzgeschäften einen Verlust von 4,9 Milliarden Euro beschert zu haben. Er ist derzeit in Polizeigewahrsam und wird von der Finanzpolizei verhört.