Am Samstag ratifizierte Polen Lissabon. Prag ist letzte Anti-EU-Bastion.
Der tschechische Staatspräsident Vaclav Klaus wird von seiner Forderung, im Gegenzug für die Unterzeichnung des EU-Reformvertrages eine Ausnahme für sein Land in Bezug auf die europäische Menschenrechtscharta zu erhalten, nicht abgehen, wie sein Sekretär Ladislav Jakl am Samstag im Tschechischen Rundfunk erklärte.
Grundsätzliche Bedingung
Es handle sich um eine "grundsätzliche
Bedingung, ohne die er (Klaus) sich die Ratifizierung (des
Lissabon-Vertrages) nicht vorstellen kann", sagte Jakl. Es werde sich
um eine "Prüfung im Rahmen der EU" handeln. "Wenn die
Brüsseler Eliten und europäischen Weltmächte so heftig um den
Lissabon-Vertrag bemüht sind, weil sie erst mit ihm ihre eigene Politik im
Namen der gesamten EU durchsetzen könnten, dann sollen sie sich einfach für
diese Angelegenheit, die im vitalen Interesse der Tschechischen Republik
ist, einsetzen", betonte er weiters. Bisher hätten sie lediglich
versucht, "unterschiedlich groben Druck" auszuüben, so Jakl.
Klaus hatte am Freitag erklärt, er fordere für Tschechien im Lissabon-Vertrag eine dauerhafte Ausnahme von der Menschenrechtscharta. Als Grund nannte er Befürchtungen, dass die Menschenrechtscharta die Nachkriegsdekrete des tschechoslowakischen Staatspräsidenten Edvard Benes, aufgrund derer die Sudetendeutschen ausgesiedelt worden waren, aushebeln könnte.
Unterstützung, aber auch Kritik
Die Forderung von Klaus
rief in Tschechien verschiedene Reaktionen hervor. Unterstützt wurde sie von
den Kommunisten (KSCM) und der konservativen Demokratischen Bürgerpartei
(ODS), die jedoch Klaus gleichzeitig dafür kritisiert, dass er durch seinen
Schritt Tschechien in ein "falsches Licht" stelle, weil er diese
Forderung früher erheben hätte sollen. Demgegenüber lehnten die
Sozialdemokraten (CSSD), die christdemokratische Volkspartei (KDU-CSL), die
Grünen und die rechtsliberale TOP 09 die Bedingung völlig ab.
Polen unterschreibt
Als vorletztes der 27 EU-Länder hat Polen
den Reformvertrag von Lissabon ratifiziert. Polens Präsident Lech Kaczynski
unterzeichnete am Samstag in Warschau das Dokument. Der Vertrag sei eine "Änderung
der Qualität" der EU, sagte Kaczynski. Er sei überzeugt, dass das
Experiment gelinge. Damit der Vertrag in Kraft treten kann, muss jetzt noch
der tschechische Präsident Vaclav Klaus unterschreiben.
"Heute ist ein sehr wichtiger Tag in der Geschichte Polens und der Europäischen Union", sagte Kaczynski, bevor er im Präsidentenpalast am Mittag seine Unterschrift unter das Dokument setzte. Die Iren hätten mit ihrem Ja den Vertrag "wiederbelebt". Irland hatte am vergangenen Wochenende in einem zweiten Referendum mit deutlicher Mehrheit für den Lissabon-Vertrag gestimmt. Kaczynski hatte seine Unterschrift vom Ausgang des Referendums abhängig gemacht.