Zweitägiger Gipfel in Brüssel: Die EU hat sich auf den Klimaschutz-Fahrplan geeinigt. Auch herrscht Konsens bei der Mittelmeerunion mit Nordafrika.
Die EU-Staats- und Regierungschefs haben sich grundsätzlich auf die Einrichtung einer Mittelmeerunion mit den nordafrikanischen Staaten geeinigt. Dabei soll die bestehende Mittelmeer-Politik der Europäischen Union (Barcelona-Prozess) erweitert werden, sagte der slowenische Ratspräsident Janez Jansa in der Nacht auf Freitag nach den Beratungen der 27 Staats- und Regierungschefs. Außerdem hätten sich die EU-Chefs auf einen "ehrgeizigen Zeitplan" zum Klimaschutz verständigt. Bis Jahresende solle Einigkeit über das EU-Paket zum Klimaschutz bestehen.
Mittelmeerunion
"Wir ersetzen keineswegs den Barcelona-Prozess,
wir erweitern ihn nur", sagte Jansa. Er kündigte für Freitag eine konkrete
Entscheidung des EU-Gipfels zur Mittelmeerunion. EU-Kommissionspräsident
Jose Manuel Barroso sagte, es sei klar, dass alle EU-Staaten an der Union
beteiligt würden. Grundlage dafür ist ein gemeinsamer französisch-deutscher
Vorschlag. Die Mittelmeerunion soll zwei Direktoren und ein 20-köpfiges
Sekretariat haben. Die Doppelspitze soll je aus einem Vertreter der EU und
einem Repräsentanten der nichteuropäischen Mittelmeerstaaten gebildet
werden, die jeweils auf zwei Jahre berufen werden. Der EU-Posten soll
zunächst unter den acht EU-Mittelmeeranrainern rotieren.
"Genug Geld da"
"Europa dreht den Mittelmeerländern
nicht mehr den Rücken zu", zeigte sich der französische Präsident Nicolas
Sarkozy überaus erfreut über die Zustimmung zu seinem Plan. Er wies darauf
hin, dass es bisher bei der Umsetzung der EU-Mittelmeer-Politik Probleme
gegeben habe. Geld sei dagegen "genug da", verwies er auf die in der
EU-Langfristplanung 2007-2013 für die Mittelmeerkooperation bereitgestellten
rund 16 Mrd. Euro. Die Mittelmeerunion solle auf konkrete Projekte abzielen
und das ungleiche Verhältnis zwischen den beiden Partnern abstellen, betonte
Sarkozy. Viele Details seien aber noch offen, und auch der Konflikt zwischen
Israel und den Palästinensern, der den Barcelona-Prozess schwer belastet
hatte, sei "nicht an einem Abend zu lösen". "Niemand glaubt, dass nur auf
Grund einer Namensänderung das Projekt wieder zum Leben erweckt werden
könnte", sagte auch Jansa.
Der Gesetzesplan der EU-Kommission zum Klimaschutz sei "äußerst ehrgeizig" und "ein ausgezeichneter Vorschlag", betonte Jansa. "In den ersten Monaten 2009 spätestens" soll das EU-Klimapaket auch vom EU-Parlament angenommen werden, sagte der slowenische Regierungschef. Die EU will bis 2020 ein Fünftel des Treibhausgasausstoßes gegenüber 1990 reduzieren und bis dahin 20 Prozent des EU-Energieverbrauchs aus erneuerbaren Quellen wie Sonne, Wind oder Erdwärme gewinnen. Streitfragen sind dabei jedoch Ausnahmen für energieintensive Industriebereiche sowie beim CO2-Flottenausstoß für die Autoindustrie. Laut Jansa könnte es auch beim EU-Ziel zum Ausbau von Biosprit auf zehn Prozent eine Änderung geben. Der Biosprit-Produktion wird Mitschuld an den explodierenden Nahrungsmittelpreisen gegeben.
Frankreichs Präsident für Klimazoll
Sarkozy brachte im
Zusammenhang mit den EU-Klimaschutzvorhaben neuerlich die Idee eines
Klimazolls in Spiel. "Das ist für mich die Schlüsselfrage, einen Mechanismus
zu entwickeln, mit dem Importe aus Länder, die keine Regeln einhalten,
getroffen werden könnten", sagte Sarkozy. Angesichts des "weitgehenden
Konsenses" der EU-Staaten in der Klimaschutzpolitik sei er zuversichtlich
über einen Abschluss unter französischem EU-Ratsvorsitz im zweiten Halbjahr
2008.
Positiv beurteilten die EU-Chefs die wirtschaftliche Entwicklung Europas. Die öffentlichen Defizite hätten sich gegenüber 2005 halbiert, in den vergangenen zwei Jahren seien auch 6,5 Millionen Jobs geschaffen worden, sagte Jansa. Allerdings dürfe sich die EU nicht auf ihren Lorbeeren ausruhen. Der Präsident der Eurogruppe, Luxemburgs Ministerpräsident Jean-Claude Juncker, kritisierte angesichts des Euro-Höhenflugs die "überzogenen Schwankungen" auf den Finanzmärkten und forderte mehr Augenmaß von den Investoren.
Anti-islamischer Film aus den Niederlanden
Ein Thema bei den
Beratungen der EU-Staats- und Regierungschefs war auch der geplante
anti-islamische Film des niederländischen Rechtspopulisten Geert Wilders,
wie EU-Kommissionspräsident Jose Manuel Barroso bestätigte. Der
niederländische Ministerpräsident Jan Peter Balkenende bat seine
Amtskollegen um Unterstützung, sollte es nach Veröffentlichung des Films zu
gewaltsamen Übergriffen kommen. Das Ganze könnte eine europäische Dimension
bekommen, betonte der Christdemokraten vor Journalisten. Sein Ersuchen sei
beim Gipfel wohlwollend aufgenommen worden.