Nach Rücktritt

Kommt Sanader als "Retter" wieder?

02.07.2009

Nach dem überraschenden Rücktritt des kroatischen Premiers Ivo Sanader brodelt die Gerüchteküche.

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© Reuters
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Der kroatische Premier Ivo Sanader hat mit dem Rückzug aus der Politik wirklich alle überrascht. Der 56-Jährige ließ die "politische Bombe" in einer eilig einberufenen Pressekonferenz am Mittwoch platzen: Er ziehe sich von der Regierungs- und Parteispitze gänzlich zurück - einfach so, freiwillig und ohne ernsteren Grund. Letzteres erstaunte noch mehr als die eigentliche Entscheidung und lässt die Gerüchteküche weiter brodeln.

Will er sich doch für die Präsidentschaftskandidatur nächstes Jahr in Position bringen, hat er ein Jobangebot aus der EU, gibt es Konflikte innerhalb seiner HDZ (Kroatische Demokratische Gemeinschaft) oder ist er doch krank? Sanader verneint das alles, und die Spekulationen ließen sich fortsetzen, doch eines steht fest: Der starke Mann Kroatiens tritt in politisch und wirtschaftlich turbulenten Zeiten zurück - oder, wie es ein kroatischer Journalist ausdrückt: Sanader verlässt das sinkende Schiff.

Kroatien schwer von Wirtschaftskrise getroffen
Die kroatischen EU-Beitrittsgespräche werden derzeit von Slowenien wegen des nicht gelösten Grenzstreits blockiert. Und Kroatien befindet sich momentan in der schwersten Wirtschaftskrise seit den kriegerischen 1990er Jahren - das Bruttoinlandsprodukt fiel im ersten Quartal 2009 um 6,7 Prozent. Sanader dementierte freilich, dass er sich wegen der Krise zurückzieht.

Selbst der kroatische Präsident Stjepan Mesic zeigte sich über den Zeitpunkt des Rückzugs verblüfft. Es gebe keinen Zweifel, dass sich Kroatien in einer sehr ernsten und kritischen ökonomischen Krise befinde und dass die Beitrittsgespräche mit der EU wegen der slowenischen Blockade ins Stocken gerieten, ließ der Präsident, übrigens ein politischer Erzfeind von Sanader, mitteilen. Der Parteichef der oppositionellen Sozialdemokraten, Zoran Milanovic, kritisierte Sanader und forderte vorgezogene Neuwahlen. In einer schwierigen Zeit stehe Kroatien ohne "Kapitän" da. Sanader habe das Boot und sein Team aber ohnehin nicht in die richtige Richtung gesteuert, fügte er hinzu.

"Radikaler Schritt"
Der kroatische Politikwissenschafter Nenad Zakosek spricht von einem "radikalen Schritt" Sanaders, der ein Resultat von parteiinternen Konflikten sein könnte. Möglicherweise habe es in der HDZ Widerstand gegen die Politik von Sanader gegeben oder er sei nicht mehr ausreichend unterstützt worden, meinte Zakosek. Dessen Berufskollege Zarko Puhoski und viele andere Beobachter glauben dennoch an gesundheitliche Gründe. Hartnäckig halten sich diese Gerüchte. Tatsächlich wirkte Sanader am Mittwoch frisch und zufrieden. Doch vor zwei Wochen - beim EU-Gipfel in Brüssel - sah er an einem Vormittag gesundheitlich ziemlich angeschlagen aus.

Alles könnte aber auch laut Beobachtern ein durchdachtes politisches Manöver sein: Der zurückgetretene Premier überlässt das Ruder seiner bisherigen Stellvertreterin Jadranka Kosor, von vielen schlicht als "Marionette" Sanaders bezeichnet, sie katapultiert das ohnehin von Problemen gebeutelte Land vollends in die Krise - bis dann er, Sanader, erscheint und als "großer Retter" auf die politische Bühne zurückkehrt.

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