Wegen Kaukasus-Krise
Kouchner-Besuch in Belgrad abgesagt
13.08.2008
Der für Mittwoch geplante Besuch von Frankreichs Außenministers Bernard Kouchner in Belgrad ist wegen seiner der Südkaukasus-Krise verschoben worden.
Serbische Medien hatten zuvor berichtet, dass Kouchner in Begleitung von EU-Erweiterungskommissar Olli Rehn nach Belgrad kommen würde. Eine weitere EU-Annäherung Serbiens solIte das Hauptthema der Gespräche mit Serbiens Außenminister Vuk Jeremic und Staatschef Boris Tadic sein. Zur Sprache sollte auch der Kosovo bzw. die Präsenz der EU-Rechtsstaatsmission (EULEX) in der früheren serbischen Provinz kommen, deren Rechtmäßigkeit Belgrad zurückgewiesen hatte.
Antrag auf Rechtsgutachten
Ein weiteres "heißes" Thema dürfte der
Plan Belgrads sein, bei der Jahrestagung der UNO-Vollversammlung im
September einen Antrag auf ein Rechtsgutachten des Internationalen
Gerichtshofes (IGH) zum Kosovo zu stellen. Serbien hofft, sich dafür eine
Mehrheit der 192 UNO-Staaten sichern zu können. Der Kosovo hatte vor einem
halben Jahr gegen den Willen Belgrads seine Unabhängigkeit ausgerufen, die
bis dato 45 Staaten weltweit anerkannt haben. In Belgrad wird erwartet, dass
Kouchner Belgrad von dem Plan eines IGH-Gutachtens abbringen will. Zwar hat
Serbien Ende Juli beschlossen, seine Botschafter in die EU-Staaten
zurückkehren zu lassen, die den Kosovo als unabhängigen Staat anerkannt
haben. Führende serbische Politiker unterstrichen aber zuletzt mehrmals,
dass man die Pläne über ein Rechtsgutachten zum Kosovo keineswegs aufzugeben
gedenke.
Vor einer "europafeindlichen Politik" der serbischen Regierung warnte unterdessen der frühere jugoslawische und serbisch-montenegrinische Außenminister Goran Svilanovic (2000-04). Das angestrebte Gutachten würde die EU unvermeidlich "erschüttern", meinte Svilanovic zum serbischen Rundfunksender B-92. Die serbischen Behörden müssten klar entscheiden, ob Serbien in die EU wolle oder nicht, forderte der Ex-Außenminister. Andernfalls könne die amtierende Regierung unter Führung der Demokraten von Staatspräsident Boris Tadic zum Anführer der europafeindlichen Kräfte in diesem Weltteil werden. Bisher haben 20 der 27 EU-Mitglieder die Eigenstaatlichkeit des Kosovo anerkannt.
Negative Folgen für Belgrad?
Der Belgrader Kosovo-Experte
Dusan Janjic erwartete, dass die gegenwärtige Südkaukasus-Krise negative
Folgen für das Ansinnen Belgrads haben könnte. Nach den kriegerischen
Auseinandersetzungen zwischen Russland und Georgien um die abtrünnigen
georgischen Provinzen Abchasien und Südossetien dürfte sich die Zahl jener
Staaten verringern, die den Antrag Belgrads in der UNO-Vollversammlung
unterstützen würden, befürchtete Janjic zu Wochenbeginn. "Die USA und
Russland werden nun den Druck auf die Staaten steigern, die den Kosovo nicht
anerkannt haben. Sicher kann Washington auf eine größere Zahl von Staaten
erfolgreicher Druck ausüben als Moskau", sagte Janjic der Belgrad
Tageszeitung "Danas" (Montag-Ausgabe).