Die USA und Deutschland erkennen den Kosovo an, andere Länder wie Spanien nicht. Heftiger Protest - und Krawalle kommen aus Serbien.
Serbien ist im UN-Sicherheitsrat mit der Forderung gescheitert, die Unabhängigkeit des Kosovos für null und nichtig zu erklären. Die USA und die europäischen Ratsmitglieder sprachen Pristina am Montag bei einer Dringlichkeitssitzung in New York ihre volle Rückendeckung aus. Auf eine gemeinsame Haltung konnte sich der Sicherheitsrat auch am zweiten Tag seiner Beratungen nicht verständigen. Russland und China bezeichneten die Ausrufung des neuen Staates als illegal. Inzwischen hat auch Deutschland de Kosovo als unabhängigen Staat anerkannt.
(c) APA
Krawalle in Serbien
Bei den Ausschreitungen in Serbien gegen die
Unabhängigkeit des Kosovo sind in den vergangenen zwei Tagen nach
offiziellen Angaben 51 Polizisten und 34 Protestteilnehmer verletzt worden.
Das Innenministerium teilte mit, dass Sachschäden an den Botschaften der
USA, Sloweniens, der Türkei und des Irans in Belgrad angerichtet worden
seien.
McDonald`s-Filialen demoliert
Zehn McDonald's-Restaurants wurden
landesweit demoliert, ebenso 52 Geschäfte und vier Parteibüros - so
bezifferte das Innenministerium den angerichteten Sachschaden. Die Zahl der
festgenommenen Randalierer wurde nicht mitgeteilt.
Betroffen waren Medienberichten zufolge vor allem Bäckereien und Konditoreien im Besitz von Albanern und Goranern. Bei den demolierten Parteibüros handelt es sich um Einrichtungen der Liberaldemokratischen Partei (LDP) des ehemaligen Vizepremiers Cedomir Jovanovic. Die LDP ist die einzige serbische Parlamentspartei, die am Montagabend im Parlament nicht die Regierungsentscheidung unterstützte, mit der die Unabhängigkeit des Kosovo schon vergangene Woche für ungültig erklärt worden war. Allerdings stimmten die LDP-Abgeordneten auch nicht dagegen.
UNO begrüßt Kosovo in Staatengemeinschaft
"Wir gratulieren dem
Kosovo und begrüßen es in der Staatengemeinschaft", sagte der amerikanische
UN-Botschafter Zalmay Khalilzad. UN-Generalsekretär Ban Ki Moon forderte,
Frieden und Stabilität im Kosovo zum obersten Gebot für weitere
Entscheidungen zu machen.
In der von Russland beantragten Dringlichkeitssitzung forderte der serbische Präsident Boris Tadic die Staatengemeinschaft auf, den einseitigen Schritt der Kosovo-Albaner für ungültig zu erklären. "Wenn Sie diesen illegalen Akt durchgehen lassen, zeigen Sie, dass Recht und Gerechtigkeit in der Welt nicht respektiert werden müssen", warnte Tadic die 15 Ratsmitglieder.
Folgende Staaten haben eindeutig Postion zur Kosovo-Unabhängigkeit bezogen:
Anerkannt |
Anerkennung abgelehnt |
USA |
Spanien |
Deutschland |
Russland |
Italien |
Slowakei |
Japan |
Aserbaidschan |
Australien |
Sri Lanka |
Frankreich |
Rumänien |
Türkei |
China |
Irland |
Griechenland |
Afhganistan |
Bulgarien |
- |
Georgien |
- |
Taiwan |
Weitere Unabhängigkeitserklärungen erwartet
"Dutzende von
Kosovos" warteten nur darauf, dem Beispiel Pristinas zu folgen. "Serbien
wird die Unabhängigkeit des Kosovos nie anerkennen", betonte er. Dem Einsatz
von Gewalt erteilte er eine Absage. Die einseitige Entscheidung werde jedoch
"eine irreparable Störung der internationalen Ordnung" zur Folge haben,
sagte Tadic.
EU-Chefdiplomat Solana zu Besuch im Kosovo
EU-Chefdiplomat
Javier Solana reist als erster ranghoher Auslandsvertreter in das
unabhängige Kosovo. Zwei Tage nach Gründung des neuen Staats wurde Solana am
Dienstagnachmittag in Pristina erwartet, wie aus seinem Umfeld in Brüssel
verlautete. In Gesprächen mit Ministerpräsident Hashim Thaci und Präsident
Fatmir Sedjiu wollte er demnach erneut zur "Ruhe und Verantwortung"
aufrufen. Die Mehrheit der EU-Staaten, darunter Österreich, hatte am Montag
eine Anerkennung des Kosovo angekündigt. Davon haben Frankreich und
Großbritannien den Schritt bereits vollzogen.
Russland gegen EU-Mission
Der russische UN-Botschafter Witali
Tschurkin betonte dagegen, die von der EU geplante Mission sei nicht durch
den Sicherheitsrat autorisiert und könne deshalb nicht Teil der UNMIK sein.
Wie der chinesische UN-Vertreter warnte auch Tschurkin mit Blick auf die
Unabhängigkeitserklärung Pristinas vor Unruhe auf dem Balkan.
Protestnoten aus Belgrad
Das serbische Außenministerium hat am
Montagabend Protestnoten an die Regierungen Afghanistans, der USA und der
Türkei wegen ihrer Anerkennung des Kosovo gerichtet, meldete die amtliche
Nachrichtenagentur Tanjug. In diesen heißt es, dass die einseitige Ausrufung
der Unabhängigkeit des Kosovo von Serbien eine ernste Verletzung des
Völkerrechtes darstelle. Die drei Staaten, die den Kosovo bereits anerkannt
haben, wurden aufgefordert, ihren Standpunkt erneut zu prüfen. Belgrad hatte
zuvor bereits seinen Botschafter in Washington zu Beratungen zurückbeordert.
Früheren Ankündigungen nach sollen die serbischen Botschafter in allen
Staaten, die den Kosovo anerkennen, binnen 48 Stunden in die Heimat
zurückkehren.
Große Unterstützung durch USA
US-Präsident George W. Bush hat
indirekt die Unabhängigkeit des Kosovo anerkannt. "Die Kosovaren sind nun
unabhängig", sagte er am Montag während eines Besuchs in Tansania. Die am
Sonntagnachmittag erfolgte Unabhängigkeitserklärung des Kosovo von Serbien
spaltete indes die internationale Gemeinschaft. Während die meisten
EU-Staaten, Japan und Australien positiv reagierten, stellten sich Russland,
China und einige EU-Staaten wie Spanien dagegen. Afghanistan reagierte als
erster Staat auf das Ersuchen des kosovarischen Premiers Hashim Thaci nach
Anerkennung des neuen Staates. Serbien kündigte an, dem Kosovo die Tür zu
internationalen Organisationen wie UNO, OSZE und Europarat versperren zu
wollen.
Kosovo appelliert an die Welt
Thaci hatte zuvor in Pristina
gesagt, "an alle Regierungen der Welt" sei ein Ersuchen um Anerkennung
gegangen und er erwarte Rückmeldungen "in den kommenden Stunden". Der Kosovo
werde umgehend ein Außenministerium und Botschaften im Ausland einrichten,
sagte Thaci beim ersten Kabinettstreffen in der selbst ernannten Republik.
Die Abgeordneten stimmten den ersten vier Gesetzesvorlagen zu, um ein
Außenministerium einzurichten, diplomatische Immunität einzuführen, Pässe
auszustellen und eine Staatsbürgerschaft zu schaffen.
EU überlässt Entscheidung den Mitgliedsstaaten
Die EU will jedem
der 27 Mitgliedstaaten selbst die Entscheidung überlassen, ob er den Kosovo
anerkennt oder nicht. "Der Rat stellt fest, dass die Mitgliedstaaten über
ihre Beziehungen mit Kosovo entscheiden in Übereinstimmung mit ihren
nationalen Praktiken und Völkerrecht", heißt es in einer gemeinsam
angenommenen Erklärung der Außenminister in Brüssel.
Österreich kündigt Anerkennung an
Außenministerin Ursula
Plassnik hat am Montag die Anerkennung des Kosovo durch Österreich
angekündigt. "Für Österreich werde ich der Bundesregierung vorschlagen, die
sich am Mittwoch zu ihrer nächsten Sitzung trifft, dem Herrn
Bundespräsidenten vorzuschlagen, mich zu ermächtigen, das
Anerkennungsschreiben zu verfassen", sagte Plassnik nach dem Treffen der
EU-Außenminister in Brüssel. Dies sei die in Österreich vorgeschriebene
Vorgangsweise.
Einige EU-Staaten dagegen
Dagegen stellte der spanische
Außenminister Miguel Angel Moratinos klar, dass sein Land den Kosovo nicht
anerkennen werde. "Die Regierung Spaniens wird diesen einseitigen Akt, der
gestern vom Kosovo-Parlament proklamiert worden war, nicht anerkennen",
sagte Moratinos vor Journalisten. Die Unabhängigkeitserklärung achte nämlich
das Völkerrecht nicht. Auch die Slowakei, Rumänien, Griechenland und Zypern
stehen einer Unabhängigkeit des Kosovo reserviert gegenüber.
Russland und China dagegen
Auch außerhalb der EU fielen die
Reaktionen auf die Kosovo-Unabhängigkeitserklärung gemischt aus. Während
Russland UNO-Generalsekretär Ban Ki-moon aufforderte, gegen die
Unabhängigkeitserklärung Position zu beziehen und sich China "zutiefst
beunruhigt" vom Schritt der Kosovo-Albaner zeigte, ließen Japan, Australien
und die Türkei Bereitschaft zur Anerkennung des neuen Staates erkennen.
Serbien will UN-Aufnahme des Kosovos blockieren
Der serbische
Außenminister Vuk Jeremic sagte am Sonntagabend, Serbien werde eine Aufnahme
des Kosovo in die Vereinten Nationen, die Organisation für Sicherheit und
Zusammenarbeit in Europa (OSZE) und den Europarat blockieren. Das serbische
Innenministerium erstattete indes eine Strafanzeige gegen den kosovarischen
Präsidenten Fatmir Sejdiu, Premier Hashim Thaci und Parlamentspräsident
Jakub Krasniqi, weil sie mit der Verkündung der Unabhängigkeit eine "schwere
Straftat gegen die Verfassungsordnung und Sicherheit Serbiens" begangen
hätten.
Proteste
In der geteilten Stadt Kosovska Mitrovica im Norden des
Kosovos protestierten am Montag rund 5.000 Angehörige der serbischen
Minderheit gegen die Loslösung von Belgrad. Sie skandierten "Dies ist
Serbien" und schwenkten Plakate mit dem Aufruf: "Russland hilf!" Bei
Bombenexplosionen in einem nahe gelegenen Dorf wurden drei Fahrzeuge
beschädigt. Es gab auch das erste Todesopfer nach der
Unabhängigkeitserklärung zu beklagen. Ein Albaner erstach einen anderen
Albaner bei einer Unabhängigkeitsfeier im Ort Gnjilane.