Zahlreiche Politiker düpierten "wiedergewählten" Präsidenten durch Abwesenheit.
Vor Beginn der Angelobungszeremonie für Präsident Mahmoud Ahmadinejad Mittwochvormittag drohten im iranischen Parlament viele Sitze leer zu bleiben. Saaldiener holten deshalb Besucher aus Nebenräumen in den Plenarsaal, berichtete "Spiegel Online" unter Berufung auf reformnahe Parlamentsreporter. Die eilig herbeigeschafften Lückenbüßer sollten zumindest Teile der Ränge füllen, so dass der alte und neue Präsident seinen Eid zu donnerndem Applaus leisten konnte.
Proteste
Ahmadinejad selbst, der sich sonst gern volksverbunden
gibt, musste den Hubschrauber nehmen, um zum Parlament zu gelangen. Tausende
Sicherheitskräfte riegelten den Baharestan-Platz ab, sie sollten verhindern,
dass es dort zu Protesten gegen den mutmaßlichen Wahlbetrug kam.
60 Politiker bleiben fern
Die alternativen Medien des Iran
listeten am Mittwoch die Namen der über 60 Politiker auf, die Ahmadinejad
durch ihr Fernbleiben düpierten: Die unterlegenen Präsidentschaftskandidaten
Mir-Hossein Moussavi und Mehdi Karroubi, die Ex-Präsidenten Ali Akbar
Hashemi Rafsanjani und Mohammad Khatami. Aber auch konservative Wortführer
wie Bagher Ghalibas, der Bürgermeister Teherans, und Ali Akbar Nategh-Nouri
blieben der Zeremonie fern.
Konservative zum Feind
"Schon vor der Wahl hat sich Ahmadinejad
durch sein mangelhaftes Wirtschaftsprogramm viele Konservative zum Feind
gemacht", sagt Farideh Farhi, iranische Politikwissenschaftlerin, die an der
Universität von Hawaii lehrt. Viele der Hardliner machten ihn für die
galoppierende Inflation verantwortlich, sie kritisierten, dass Ahmadinejads
Subventionspolitik ihm zwar die Stimmen der kleinen Leute eingebracht, das
Land in Zeiten fallender Ölpreise jedoch an den Rande des Ruins getrieben
habe.
Personelle Veränderungen
Ein weiterer Dorn im Auge der
Konservativen ist der präsidiale Hang zur Vetternwirtschaft. Ahmadinejad
gilt als extrem misstrauisch, als Mann, der nur seiner Familie und einem
engen Kreis von Eingeweihten vertraut. Als er vor zehn Tagen jedoch den
Vater seines Schwiegersohns zu seinem Vize machen wollte, griff
Revolutionsführer Ayatollah Ali Khamenei ein. Der Kandidat war den
Fundamentalisten zu liberal. In zwei Wochen muss der Präsident dem Parlament
sein neues Kabinett vorstellen. Er hat grundlegende personelle Veränderungen
angekündigt. Beobachter vermuten, dass seine Personalentscheidungen neue
Konflikte heraufbeschwören könnten.