Minister-Rücktritt
Libanesische Regierung vor Bruch
11.11.2006
Drei Monate nach dem israelischen Libanon-Feldzug steht die Regierung in Beirut vor einem Bruch.
Die fünf Minister der schiitischen Parteien Hisbollah und Amal im Kabinett von Fouad Siniora sind am Samstag zurückgetreten. Betroffen sind die Minister für Auslandsbeziehungen, Landwirtschaft, Gesundheit, Energie und Arbeit. Zuvor waren erneut Gespräche über eine Beilegung der schweren politischen Krise gescheitert, in die das Land nach dem israelischen Libanon-Feldzug im Sommer geraten war. Die zerstrittenen Parteien einigten sich auch nicht auf einen neuen Verhandlungstermin.
Die Gespräche sollten einen innenpolitischen Konflikt nach dem Krieg mit Israel vom Sommer verhindern. Die radikal-islamische Hisbollah hatte eine Vergrößerung der Regierung gefordert und mit öffentlichen Protesten gedroht, um ihren Einfluss in der Regierung zu vergrößern. Beobachter befürchten einen offenen Ausbruch der Gewalt zwischen den Anhängern vor allem des Syrien-freundlichen Lagers und der anti-syrischen Bewegung im Land.
Im Kern geht es um die Forderung der Hisbollah, die mehrheitlich von Syrien-Gegnern gebildete Regierung um pro-syrische Kräfte derart zu erweitern, dass diese im Kabinett eine Sperrminorität erreichen können. Die Gruppe begründet dies damit, Israel in dem Krieg erfolgreich die Stirn geboten zu haben.
Die Hisbollah verfügte über zwei Minister im libanesischen Kabinett. Die Amal-Bewegung von Parlamentspräsident Nabih Berri stellte ebenfalls zwei Minister, der fünfte zurückgetretene Minister steht der Hisbollah nahe. Dem libanesischen Kabinett gehören insgesamt 24 Minister an.
Ministerpräsident erkennt Rücktritt nicht an
Der libanesische Ministerpräsident Fouad Siniora hat am Samstag den Rücktritt der schiitischen Minister in seinem Kabinett nicht angenommen. Siniora werde der Entlassung der fünf Kabinettsmitglieder von den Parteien der Hisbollah und Amal auch dann nicht annehmen, wenn sie um diese schriftlich nachsuchen sollten, teilte Sinioras Büro in Beirut mit. Er sei zu einem Dialog bereit.
Nach Einschätzung aus Regierungskreisen würde es für den Regierungschef schwierig, die fünf Kabinettsposten neu zu besetzen. Die vakanten Ämter müssten nach der libanesischen Balance zwischen Christen, sunnitischen und schiitischen Moslems wieder Schiiten übernehmen. Als aufgelöst würde Sinioras Regierung erst dann gelten, wenn mehr als acht Minister zurücktreten würden.
Politische Krise
Nach dem Ende des israelischen Feldzugs Mitte August ist der Libanon zunehmend in eine politische Krise gerutscht. Die radikal-islamische Hisbollah, die weite Teile der Bevölkerung hinter sich hat, fordert eine stärkere Regierungsbeteiligung für sich und ihre Verbündeten. Damit will sie erreichen, dass sie gegebenenfalls Entscheidungen im Kabinett verhindern kann. Hisbollah-Chef Hassan Nasrallah hat mit Massenprotesten gedroht, sollte die Forderung nicht erfüllt werden. Die Hisbollah wird von Syrien unterstützt, das seine Truppen im vergangenen Jahr unter dem Druck von Massenprotesten aus dem Nachbarland zurückziehen musste.