Knapp war Clintons Sieg in Indiana. Obama triumphierte in North Carolina. Der schwarze Senator hat seinen Vorsprung ausgebaut.
Die Siegesposen wirken langsam schal. Hillary Clinton jubelt über ihren denkbar knappen Wahlsieg in Indiana, verspricht, sich weiter für "unsere Sache zu zerreißen" und lässt keinen Zweifel an ihrer ungebrochenen Kampfbereitschaft.
Nur ihr missmutig dreinblickender Ehemann, Ex-Präsident Bill Clinton, signalisiert ungewollt im Kongresssaal von Indianapolis, dass die Aussichten der Clintons auf eine Rückkehr ins Weiße Haus schlechter geworden sind. "Der Anfang vom Ende", meinte NBC-Starmoderator Tim Russert skeptisch über die weiteren Perspektiven der 60-Jährigen.
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Anhänger werden umschmeichelt
Barack Obama sah sich nach
seinem Triumph in North Carolina schon mit sehr viel mehr Berechtigung einen
großen Schritt näher an der Verwirklichung seines politischen Traumes. Aber
beide Bewerber um die Nominierung zum Präsidentschaftskandidaten der
Demokraten präsentieren sich an diesem turbulenten Wahlabend als Sieger,
beschwören den "Wandel" und eine bessere Zukunft Amerikas,
umschmeicheln ihre Anhänger, sprechen jeweils "von eurem Sieg".
Obama und Clinton taten, als ob sie kurz davor seien, das innerparteiliche Dauerduell endgültig zu entscheiden. Dabei geht nach den Vorwahlen in North Carolina und Indiana die erbitterte Auseinandersetzung nach 15 Monaten Wahlkampf nur in die nächste Runde - wenngleich sich am Dienstagabend vor allem Obama deutlich gestärkt fühlen durfte. Schließlich hat er seinen Vorsprung bei den Delegierten für den Nominierungsparteitag erneut ausbauen können, fast gewann er sogar Indiana.
Demokraten-Partei nimmt Schaden
Aber die Sorgenfurchen der
demokratischen Parteiführer werden tiefer und tiefer. Denn der Kampf um die
Präsidentschaftskandidatur droht für die Partei tatsächlich zum "langen,
scheinbar endlosen Todesmarsch zum Weißen Haus" zu werden, wie
TV-Comedy-Star Jon Stewart lästert. Viele Demokraten fürchten angesichts des
erbitterten, unentschiedenen Kampfes zwischen dem schwarzen Senator und der
Ex-First-Lady ein Debakel für die Partei.
Schon unken ultrakonservative Moderatoren wie Rush Limbaugh über absehbare "Straßenschlachten" in den Straßen von Denver beim Parteitag der Demokraten Ende August. Sollte sich Clinton mit Unterstützung der "Superdelegierten" gegen Obama durchsetzen, obwohl dieser insgesamt mehr Stimmen und festgelegte Delegierte habe, droht tatsächlich der Protest der Straße. Das sagt auch der schwarze Prediger und frühere Präsidentschaftsbewerber der Demokraten, Al Sharpton, voraus.
Keine "Tandemlösung"
"Wir dürfen keinen
gespaltenen Parteitag haben, denn dann wird es sehr schwierig, die Partei
danach wieder zu versöhnen", warnt ein ums andere Mal Parteichef
Howard Dean. Aber auch er weiß nicht, wie der gordische Knoten dieses
endlosen Duells der Kandidaten durchschlagen werden könnte. Für eines der
beiden Lager wird es in den kommenden Wochen und Monaten ein vermutlich
grausames Erwachen geben. Denn an eine "Tandemlösung" beider
Kandidaten - der eine soll Präsident, der andere sein Vize werden - glauben
in der demokratischen Partei nur sehr wenige.
Dagegen wachsen die Zweifel bei den Demokraten an den Siegeschancen bei der Wahl am 4. November, wenn es darum geht, den republikanischen Kandidaten John McCain zu schlagen. Setzt sich Clinton durch, drohen vor allem die Stimmen der Schwarzen und der Jugend für die Demokraten verloren zu gehen. Wird aber Obama Kandidat, drohe ein Wahldebakel, weil auch die Demokraten genau wüssten, dass sie "mit einer Koalition von College-Studenten und Weißweintrinkern" nicht gewinnen könnten, lästerte bissig, aber nicht ohne Grundlage, der republikanische Wahl-Stratege Karl Rove. Zwar werde Obama die linke und liberale Basis sowie die Intellektuellen ("Weißweintrinker") mobilisieren, die Wähler der Mitte würden den schwarzen Senator mit den vielen "merkwürdigen Freunden" aber kaum akzeptieren.
Obama kämpft sich zurück
Obama war angeschlagen in die
Abstimmungen von Indiana und North Carolina gegangen. Die Wahlniederlage in
Pennsylvania, sein exzentrischer Gemeinde-Pastor Jeremiah Wright und manche
Ungeschicklichkeiten bedrohten seinen Kurs aufs Weiße Haus. Obama wurde
alles vorgeworfen: Seine rhetorischen Fähigkeiten wurden als Blendwerk
geschmäht und er wurde kritisiert, weil er im Fast-Food-Restaurant fette
Waffeln und Würste "elitär" stehen gelassen habe. Nach
den Wahlen in North Carolina und Indiana weiß Obama, dass er nach wie vor
gute Chancen hat, der erste schwarze Präsidentschaftskandidat der
US-Demokraten zu werden - Zweifel bestehen aber auch in seiner Partei, ob er
der erste afroamerikanische Präsident sein wird.